Alles auf dem Schirm
Frankfurt ohne Hallenausstellung: Ist deshalb weniger Buchmesse als sonst? Mitnichten. Jenny Kühne, Projektleiterin Digitale Buchmesse, über das Konzept.
Frankfurt ohne Hallenausstellung: Ist deshalb weniger Buchmesse als sonst? Mitnichten. Jenny Kühne, Projektleiterin Digitale Buchmesse, über das Konzept.
Die Frankfurter Buchmesse hat jetzt auf ihrer Website die Digitale Buchmesse gestartet. Ist das der virtuelle Nachbau einer physischen Messe oder etwas komplett anderes?
Die Digitale Buchmesse kann und will nicht die physische Buchmesse 1 : 1 replizieren. Insofern stellt sie keine Analogie zu einer Hallenausstellung mit Programm dar. Es geht uns darum, im digitalen Raum Antworten auf physische Bedürfnisse der Community zu geben. Auf möglichst vielen Ebenen sollen Begegnungsräume geöffnet werden. Die Teilnehmer*innen und Besucher*innen sollen die Möglichkeit haben, sich in ihren Netzwerken zu begegnen, sich weiterzubilden und Wissen zu transferieren – und ihre Produkte zu präsentieren.
Wie ist derzeit die Stimmung bei Ihnen und in Ihrem Team?
Insgesamt würde ich von positiver Anspannung sprechen, und wir sind natürlich neugierig, wie die Kunden die digitalen Angebote annehmen. Deren Feedback ist für uns extrem wichtig: Wo funktioniert es, wo nicht, was muss man sich neu anschauen? In einer langfristigen Perspektive stellt sich für uns die Frage, welche Elemente aus dem digitalen Raum sinnvoll mit einer physischen Messe, die es künftig wieder geben wird, verzahnt werden können. Letztlich sollen physische und digitale Teile komplementär zueinander sein.
Für das Konzept einer digitalen Messe stand Ihnen relativ wenig Entwicklungszeit zur Verfügung. Testphase und Go-live gehen quasi ineinander über ...
Tatsächlich haben wir nur eine Testphase, nach der die Anwendungen stehen müssen. Die Feedback-Schleifen sind entsprechend sehr viel kürzer als sonst. Sobald die digitalen Messe-Tools live sind, müssen wir uns alles in Ruhe noch einmal anschauen.
Haben Sie Anregungen aus anderen Branchen aufgenommen?
In der Konzeptionierungsphase haben wir uns intensiv mit verschiedensten digitalen Events auseinandergesetzt und uns immer gefragt, welche Aspekte dabei funktioniert haben. Entscheidend ist, ob ein Feature von einem Kundenbedürfnis abgeleitet ist. Das Ganze ist ein großes Experiment,
an dem sich alle Branchen beteiligen und schnelle, kreative Antworten finden müssen.
Können die Angebote der Digitalen Buchmesse von der Branche bereits genutzt werden?
Wir sind in der Anmeldephase für das digitale Ausstellerverzeichnis und den Veranstaltungskalender, und in dieser Woche starten wir das Matchmaking-Tool, mit dessen Hilfe die Messeteilnehmer Gesprächs- und Geschäfts-partner*innen kontaktieren können. Die Rechte- und Lizenzplattform Frankfurt Rights steht ab 1. Oktober bereit.
Gibt es schon ein erstes Feedback?
Die Interaktion mit den Kunden ist in vollem Gange. Auch wenn noch nicht alle digitalen Tools genutzt werden können, verzeichnen wir schon jetzt nennenswerte Anmeldezahlen: Es haben sich bereits rund 2 800 Aussteller aus 89 Ländern angemeldet (Stand 22. September).
Welche Möglichkeiten haben Verlage, sich als digitale Aussteller zu präsentieren?
Ihnen stehen verschiedene Optionen zur Verfügung, ob im Ausstellerkatalog, dem Veranstaltungskalender oder beim Bookfest digital. Es hängt auch von den Verlagen ab, was sie daraus machen. Unser Kundenmanagement-Team steht ihnen beratend zur Seite und bietet auch Online-Workshops an. Im Katalog können Verlage ihren Eintrag umfangreicher gestalten und der Veranstaltungskalender wird zu einer Anlaufstelle. In den Themen- und Businesswelten der Messe-Website haben Verlage und Dienstleister die Möglichkeit, über Präsentationskacheln ihre Autor*innen, Novitäten und Services zu präsentieren. Den Nutzern kann dies eine Erfahrung vermitteln, die dem Flanieren über eine physische Messe ähnelt. Mitarbeiter der Unternehmen können zudem das Matchmaking-Tool so ähnlich wie ein Business-Network nutzen und beispielsweise eine Video-Unterhaltung verabreden.
Wie steht es mit Frankfurt Rights, der digitalen Rechteplattform? Gibt es schon viele Buchungen von Agenten oder Rechteinteressenten?
Die Anmeldungen für Frankfurt Rights treffen in der gleichen Frequenz ein wie diejenigen der digitalen Aussteller. Da der digitale Raum für viele Kunden Neuland ist, bieten wir für Frankfurt Rights ebenfalls Workshops und Tutorials an, die den Kunden erklären, wie der Rechtehandel auf der Plattform funktioniert. Dazu gibt es eine ausführliche FAQ-Liste und Video-Tutorials, wie auch für alle anderen Tools und Services.
Was sind für Sie Höhepunkte des digitalen Fachprogramms?
Im Grunde ist das gesamte Programm ein einziges Highlight. Hervorheben würde ich spontan die Frankfurt Conference, die mit hochkarätigen Sprecher*innen besetzt ist – unter anderen Literaturagent Andrew Nurnberg, Jenny Fry, kaufmännische Geschäftsleitung beim renommierten Canongate Verlag, und James Daunt, CEO beim Buchhandelsgigant Barnes and Noble. Oder auch die Pitchings bei The Arts+. Ein Format, das beschwingtere Anlässe für informelle Begegnungen schafft und auf das ich mich schon sehr freue, ist »The Hof« – in Konzept und Namen natürlich in Anlehnung an den Frankfurter Hof, der zu Messezeiten ein allseits beliebter abendlicher Anlaufpunkt ist. Damit starten wir übrigens schon am 24. September.
Was bietet das Bookfest digital?
22 Stunden »Buchmesse TV« auf zwei Kanälen, am 17. Oktober, dem Messesamstag – zu empfangen auf YouTube und der Messe-Website. Mit dabei sind internationale Stars wie Matt Haig, Elizabeth Gilbert, Axel Scheffler, Kirsten Boie und viele, viele mehr. Das Programm umfasst ein breites Spektrum an Formaten, viele kleine Veranstaltungen, teilweise an besonderen Orten wie beim physischen Bookfest. Die unglaubliche Vielfalt der Frankfurter Buchmesse wird hier besonders sichtbar werden.
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