Buchtage@home: Talkrunde mit Vorsteherin und Hauptgeschäftsführer

"Wir brauchen Mut zum Prototyping"

16. Juni 2020
Redaktion Börsenblatt

"Eine Prise Berlin" wollte der Börsenverein heute mit einer digitalen Talkrunde in die Branche tragen – als Ausgleich für die abgesagten Buchtage. Vorsteherin Karin Schmidt-Friderichs und Hauptgeschäftsführer Alexander Skipis zogen dabei eine erste Krisenbilanz. Ihre vorsichtige Prognose: Die Branche könnte das Corona-Jahr 2020 mit einem Umsatzminus von vier bis fünf Prozent abschließen.

Wie die Branche die Krise meistert

Die Umsatzprognose für 2020 gilt allerdings nur, wenn die Rahmenbedingungen in den nächsten Monaten stabil bleiben. Weil in diesen Zeiten jedoch nichts auf sicheren Füßen steht, lässt sich nur der eigenen Problemlösungskompetenz vertrauen. Der Buchhandel zeige in der Krise, wie ungeheuer vital und kreativ er sei, lobten Vorsteherin und Hauptgeschäftsführer in der Zoom-Konferenz. "Mit trotzigem Mut" hätten Buchhändler*innen ihr Geschäftsmodell im Lockdown umgestellt – vom Präsenzbuchhandel zum Versandbuchhandel, so Karin Schmidt-Friderichs. Das zahle sich derzeit vor allem für die kleineren, unabhängigen Sortimente aus. Das Gefühl, die Krise fast überstanden zu haben, stelle sich bei Verlagen aktuell so noch nicht ein. Beide hoben den Teamgeist hervor, den die Branche in den vergangenen Wochen gezeigt habe.

Von der "Turbo-Beschleunigung" der politischen Arbeit berichtete Alexander Skipis. Die Kontakte und Netzwerke, die der Börsenverein im politischen Berlin pflege, hätten sich in der Corona-Krise "extrem bewährt". Im Moment arbeite die Politik mit dem Konjunkturpaket an den Unterstützungsleistungen für die Rückkehr zur "neuen" Normalität: "Auch hier wird die Buchbranche sehr gut berücksichtigt werden", kündigte Skipis an: "Ich hoffe, dass wir das bald entsprechend kommunizieren können."

Frankfurter Buchmesse: "Den Domino-Effekt umkehren"

Mitgliederfragen kamen in der Talkrunde vor allem zur Buchmesse. Mit Blick auf die diesjährige "Sonderedition" der Messe (14. – 18. Oktober, mehr dazu hier) plädierten Skipis und Karin Schmidt-Friderichs an die Branche, einen "umgekehrten Domino-Effekt" in Gang zu setzen und zur Buchmesse zu kommen, zumal es großzügige Storno-Regelungen gebe. "Die vielen Unwägbarkeiten, die Corona mit sich bringt, dürfen für uns keinen Stillstand bedeuten", warnte Alexander Skipis: "Wir müssen die Zukunft mitgestalten, mit Perspektiven für das Buch und den gesellschaftlichen Diskurs". Dazu gehöre, die Frankfurter Buchmesse zu ermöglichen.

"Wir brauchen den Trommelwirbel im Herbst – und dafür muss etwas stattfinden“, machte auch Karin Schmidt-Friderichs deutlich, die "Mut zum Prototyping" einforderte. Sie wisse selbst noch nicht, wie der Messe-Stand ihres Verlags aussehen werde: "Aber ich bin sicher, dass wir eine gute Lösung dafür finden." Letztlich gehe es darum, neue Denkräume für die Inszenierung von Büchern zu eröffnen: "Eine Messe ist nicht nur mit 300.000 Besuchern eine gute Messe." Gerade Frankfurt 2020 werde zeigen, dass sich digitale und analoge Möglichkeiten perfekt ergänzten.

Mitgliedsbeiträge: "Wir sind vorbereitet"

Fragen kamen auch zur wirtschaftlichen Entwicklung des Börsenvereins, der durch Corona noch stärker unter sinkenden Mitgliederzahlen und Mitgliedsbeiträgen leiden könnte. "Wir stellen unser Budget permanent auf den Prüfstand, um so gut wie möglich auf einen solchen Fall vorbereitet zu sein", versicherte Alexander Skipis. Für die Vorsteherin gilt: "Das Hauptamt hat in der Krise sehr gute Arbeit geleistet. Das sollte eher ein Grund sein, einzutreten als auszutreten."

Buchtage@home geht weiter - auch zum Thema Orientierungssysteme

Wer die Talkrunde mit Vorsteherin und Hauptgeschäftsführer verpasst hat, kann die Aufzeichnung hier nachschauen. Die Online-Reihe Buchtage@home geht weiter: An diesem Nachmittag mit einer Zoom-Konferenz der IG Ditial zu den "besten Corona-Hacks" (im Live-Stream hier). Weitere Veranstaltungen folgen: Etwa mit einem Ideen-Austausch zur Frankfurter Buchmesse 2020 (22. Juni, mehr dazu hier) und zum Thema Orientierungssysteme im Buchhandel, an dem eine Taskforce im Börsenverein arbeitet (Termin noch offen, Infos folgen hier). Erste Ergebnisse sollten eigentlich bei den Buchtagen Berlin vorgestellt werden. Mehr dazu hier.