Bereits im vergangenen Herbst musste die große Münchner Bücherschau rein digital stattfinden: Können Sie von diesen Erfahrungen profitieren für die Münchner Bücherschau junior?
Wir haben bei der Umsetzung der Münchner Bücherschau als digitale Ausstellung einiges über unsere Besucher*innen erfahren - zum Beispiel wie treu unsere Zielgruppe ist, die gerne und ausdauernd auch auf der digitalen Plattform durch die Titel schlenderte. Einige Besucher*innen hatten den Blick ins Buch vermisst, den wir diesmal anbieten. Und wir haben mit Freude gesehen, dass die Besucher*innen aus dem gesamten deutschsprachigen Raum kamen.
Lassen sich die Ziele der Münchner Bücherschau junior mit der virtuellen Variante erreichen?
Unser Ziel ist in erster Linie, Kinder mit niederschwelligen Angeboten fürs Lesen zu begeistern - dies können wir auch perfekt digital umsetzen. Der "Eintritt" in die Münchner Bücherschau junior ist beispielsweise unkompliziert über die Webseite ohne Registrierung möglich. Und natürlich gibt es Mitmachaktionen, die die Kinder motivieren und aktivieren, sich mit Büchern und Inhalten auseinanderzusetzen: eine Escape-Room-Lesung mit Live-Rätseln, Pop-Up-Karten-Basteln oder viele Vorlesestunden, nur als Beispiele.
Ziehen die Verlage und Buchhandlungen bei der Verlegung ins Digitale mit?
Für alle ist es wichtig, dass wir Sichtbarkeit für Bücher erzeugen und die Vielfalt der Titel deutlich wird – auch jenseits von Bestsellerlisten. Gerade die besonderen Bücher, die einer Vermittlung bedürfen, sind in den vergangenen Monaten durchs Raster gefallen. Das Feedback im Herbst war überaus positiv, und da bis jetzt alle großen Messen ausfallen, sind viele über die zusätzliche Präsentationsplattform froh.
Die Veranstaltungen sind wieder kostenlos zugänglich - bekommen die Autor*innen das volle "normale" Honorar?
Die Autor*innen hatten ja in den vergangenen Monaten erhebliche finanzielle Einbußen durch fehlende Einnahmen von Vorträgen und Lesungen. Natürlich wollen wir den Wert künstlerischer Leistung nicht schmälern; ein wesentlicher Teil unserer Lobbyarbeit widmet sich dem Urheberrecht. Gleichwohl sehen wir nach wie vor, dass die Bereitschaft, im Netz zu zahlen, begrenzt ist. Durch die Förderung von Neustart Kultur werden alle Autor*innen gut honoriert, das ist allen Beteiligten wichtig. Und alle Besucher*innen der Münchner Bücherschau junior, die unserer Spendenaufforderung folgen, können damit auch die Wertschätzung für das dargebotene Programm ausdrücken - ein nicht nur im digitalen Raum bewährtes Verfahren.
Was können Familien auf der Bücherschau junior entdecken - eröffnet das digitale Format "ungeahnte" Möglichkeiten?
Ja, unbedingt! Am zweiten Bücherschau-Wochenende gibt es zum Beispiel einen Backworkshop mit Cynthia Barcomi für Kinder ab 7 Jahren. Bei einer Präsenzveranstaltung hätte man diesen Workshop aufgrund örtlicher Begebenheiten auf eine kleine Gruppe von Kindern beschränken müssen. So kann jede*r von zuhause aus vormittags mitbacken und hat gleich ein paar Köstlichkeiten für Sonntagnachmittag. Für die Kleinsten können wir spätere Lesungen wie die "Gute-Nacht-Geschichten" um 17.00 Uhr anbieten, oder durch unsere vielsprachigen Vorleseaktionen Familien mit den unterschiedlichsten kulturellen Hintergründen ansprechen. Die Zusammenarbeit der Bücherschau mit Kirsten Boie und dem NS-Dokumentationszentrum sollte nicht vergessen werden – die altersgerechte Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur kann im digitalen Rahmen breiter gezeigt werden, als es durch eine Einzelveranstaltung möglich wäre.
Im Herbst hatten Sie bei der Plattformentwicklung mit einem Verlag zusammen gearbeitet. Ist das in diesem Frühjahr auch so?
Nein, denn dank der guten Zusammenarbeit mit der Staatskanzlei und den Medientagen entwickeln wir nunmehr gemeinsam eine neue Plattform, die sowohl für die Bücherschauen zur Verfügung steht als auch von Verlagen für ihre jeweiligen Events genutzt werden kann.