Buchhandel im Exil

Überwachung, Ausgrenzung und Tarnschriften

26. Januar 2021
Stefan Hauck

Wer sich mit der Geschichte von Verlagen, Buchhandlungen und Autoren im Exil der 1930er und 40er Jahre intensiver befassen möchte, wird an einem neuen Standardwerk von Ernst Fischer nicht vorbeikommen.

Nichts weniger als ein Opus Magnum hat Ernst Fischer hingelegt mit dem lange erwarteten dritten Band von »Drittes Reich und Exil« in der Reihe Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert. Akribisch recherchiert zeichnet er die Zerschlagung von Buchhandelsstrukturen und den Aufbau emigrantischer Verlage und Buchhandlungen nach, teilweise bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Fischer unterteilt in belletristische Verlage wie Querido, Allert de Lange, Oprecht, Schocken, Kinderbuch-, Wissenschafts- und Kunstbuchverlage, jüdische und ­politisch orientierte Verlage wie Éditions du Carrefour. Besondere Beachtung findet das Imperium des »roten Medienzars« Willi Münzenberg, der bei den Nazis als gefürchtetster Gegner galt: Ihm gelang es, ein konzernartig strukturiertes Mediengeflecht aufzubauen. 

Fischer erzählt aber auch differenziert von den Menschen dahinter; Verleger wie Herzfelde, Bermann-Fischer, Buchhändler, von spannenden Tarnschriften, Typografie und Herstellung der Bücher und Zeitschriften, von literarischen Agenturen, Übersetzungen und davon, wie die NS-Machthaber die Exilverlage observierten. Erschütternd, welch glanzvollen Namen nicht mehr publiziert werden konnten, wie der Börsenverein Emigrantenliteratur scharf ausgrenzte und mithilfe der Auslandsabteilung der NSDAP überwachte. Faszinierend, wie neue Distributionskonzepte die Bücher in alle Kontinente brachten. Fischers Werk sollte zu einer Pflichtlektüre werden.

Ernst Fischer: »Der Buchhandel im deutschsprachigen Exil 1933 – 1945«. 
Teil 3 des dritten Bandes der »Geschichte des deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert« (»Drittes Reich und Exil«), Verlag de Gruyter 2021, zwei Teilbände, 1 367 S., 319,99 €

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