Knapp vier Monate nach seinem 80. Geburtstag ist Friedrich Schorlemmer nun am 9. September verstorben. Stolz sei er gewesen, sagt sein Weggefährte Wolfgang Thierse in einem Radiointerview. Was sich im ersten Moment wie eine leise Kritik anhört (und mitunter in Form von Eitelkeit auch so gemeint ist), verwandelt sich bei näherer Betrachtung ins Gegenteil.
Seit den 1980er Jahren von der Staatssicherheit der DDR observiert, ließ Schorlemmer 1983 mit seiner Friedensgruppe ein Schwert zu einer Pflugschar umschmieden. 1988 legte er auf dem Evangelischen Kirchentag in Halle die regimekritischen »20 Wittenberger Thesen« vor. Im September 1989 trat die von ihm mitbegründete Bürgerbewegung »Demokratischer Aufbruch« an die Öffentlichkeit, die zusammen mit dem »Neuen Forum« die Basis für die friedliche Revolution 1989 in der DDR legte.
Konsequent setzte sich der evangelische Pfarrer und Kritiker der SED-Regierung dafür ein, Freiheit und Demokratie für alle zu fordern. »Regierende und Regierte, lasset den Geist aufeinanderprallen«, rief er mit den Worten Luthers auf der Demonstration am 9. Oktober 1989 in Leipzig den Menschen zu, »aber die Fäuste haltet stille.«
Allein in diesen wenigen Worten finden sich drei wichtige Merkmale seines Wirkens: die Infragestellung eines politischen Systems, das die Demokratie nur simuliert, die unbedingte Gewaltlosigkeit, wodurch das Gespräch erst möglich wird, sowie die religiöse Menschwerdung, wie es seinem großen Vorbild Martin Luther vorschwebte.
»Aufgewachsen bin ich in einer Religiosität, in der wir »Beten und das Tun des Gerechten unter den Menschen« zu verbinden suchten, wo das Beten nicht das Tun ersetzte, wo Beten vielmehr selber ein Tun wird, das durch kein anderes Tun ersetzt werden kann.«
(aus der Dankesrede von Friedrich Schorlemmer)