Reaktionen auf die IGLU-Studie

"Leseförderung muss ab jetzt höchste Priorität haben"

16. Mai 2023
Redaktion Börsenblatt

Nach dem Befund der IGLU-Studie, dass die Lesekompetenz der Grundschüler weiter sinkt, fordern der Börsenverein und die Stiftung Lesen und Börsenverein ein sofortiges politisches und gesellschaftliches Umdenken. Auch der Deutsche Bibliotheksverband mahnt an, dass Leseförderung bildungspolitisch mehr Gewicht bekommen müsse.

Durchdachte Zusammenarbeit zur Verbesserung der Lesekompetenz

"Die Ergebnisse der aktuellen IGLU-Studie sind alarmierend", sagt Peter Kraus vom Cleff, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins. "Sie zeigen ein weiteres Mal, wie dringend wir handeln müssen." Lesekompetenz sei zwingend notwendig für selbstbestimmte gesellschaftliche Teilhabe und der Schlüssel für ein erfolgreiches Berufsleben. Damit sei Leseförderung nicht nur grundlegend für den individuellen Lebensweg, sondern für unsere gesamte Demokratie, so Kraus vom Cleff. "Gemeinsam mit der Stiftung Lesen und einem breiten Bündnis aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft streben wir eine durchdachte Zusammenarbeit an zur Verbesserung der Lesekompetenz in Deutschland. Denn Leseförderung muss ab jetzt höchste Priorität in Deutschland haben."

Börsenverein und Stiftung Lesen hatten 2021 den "Nationalen Lesepakt" ins Leben gerufen, in dem sich 180 Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft und Politik für die Wichtigkeit der  Leseförderung ausgesprochen haben. Die Initiative strebt ein bundesweites Maßnahmenpaket an, das für Verbindlichkeit und einheitliche Strukturen für alle an der Leseförderung beteiligten Partner:innen sorgen soll. Ziel ist es, dass alle Kinder und Jugendlichen in Deutschland lesen können.

Als "höchst alarmierend" bezeichnete Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen, dass ein Viertel der Grundschulkinder nicht richtig lesen könne: "Wir müssen diese Abwärtsspirale dringend stoppen. Neben dem hohen Stellenwert der Familie als Vorbilder brauchen wir ausreichend Mittel und Kapazitäten in Kindertagesstätten und Schulen." Sich für die Leseförderung einzusetzen, habe einen erheblichen bildungs- wie gesellschaftspolitischen Stellenwert. "Denn wie gut wir Kinder beim Lesenlernen unterstützen, ist entscheidend für unsere gesellschaftliche, wirtschaftliche, politische und kulturelle Entwicklung. Wir müssen erreichen, dass für jedes Kind Vorlesen fester Bestandteil von frühester Kindheit ist." Mit der Initiative 'Nationaler Lesepakt' und Angeboten wie dem Schul- und Ehrenamtsportal der Stiftung Lesen würden gemeinsam mit den Bildungspartner:innen "konstruktive, nachhaltige Lösungen" angeboten. "Unser Appell richtet sich daher an Sie: Setzen Sie sich gemeinsam mit uns dafür ein, dass alle Kinder und Jugendlichen lesen lernen."

Rechtlicher Rahmen und Verbindlichkeit

Auch der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) mahnt an, dass Leseförderung bildungspolitisch höchste Priorität bekommen müsse. "Die Ergebnisse der IGLU-Studie sind besorgniserregend, vor allem, weil wir seit Jahren einen Abwärtstrend bei der Lesefähigkeit der Grundschulkinder sehen", sagt dbv-Bundesvorsitzender Volker Heller. Leseförderung beginne nicht erst in der Schule, sondern müsse so früh wie möglich systematisch, flächendeckend und professionell umgesetzt werden. "Dafür braucht es neben den Eltern uns alle: Kitas, Schulen, Ehrenamtliche, Initiativen und außerschulische Bildungspartner wie Bibliotheken, die Kinder frühzeitig für das Lesen begeistern und im Lernprozess unterstützen. Leseförderung muss endlich bildungspolitisch höchste Priorität bekommen. Sie braucht einen rechtlichen Rahmen für verbindliche Kooperationen, abgestimmte Bildungspläne sowie ausreichende personelle und finanzielle Ressourcen. Nur so ermöglichen wir Kindern einen guten Start für ihren Bildungsweg."