Hunsrück statt Halle 3
Zwei Gemeinschaftsstände hätten 30 hessische und 15 rheinland-pfälzische Verlage auf der Buchmesse gehabt – jetzt werden sie digital auf Sendung gehen.
Zwei Gemeinschaftsstände hätten 30 hessische und 15 rheinland-pfälzische Verlage auf der Buchmesse gehabt – jetzt werden sie digital auf Sendung gehen.
Fünf Tage lang wollten 15 rheinland-pfälzische Verlage auf einem Gemeinschaftsstand ein volles Programm in Halle 3 der Frankfurter Buchmesse anbieten und hatten Lesungen, Buchvorstellungen, öffentliche Diskussionen, Autorengespräche und Aktionen vorbereitet. Da viele große Verlage keinen Stand aufschlagen wollten, hatten die kleineren nun die Hoffnungen, etwas mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Dann kam die Absage der physischen Messe, und die 15 Rheinland-Pfälzer*innen, die seit fast 20 Jahren schon gemeinsame Aktionen als Verein "Verlags-Karree" bestreiten, wollten sich nach kurzer Enttäuschung nicht mit einem "War jetzt all unsere Arbeit umsonst?" zufriedengeben.
Zumal auch schon Geld in die Hand genommen worden war, darunter Fördergelder des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur. Und damit verbunden die bange Frage: Dürfen wir mit dem Geld weiterarbeiten, müssen wir zurückzahlen? Andrea Wolf, Geschäftsführerin des Börsenvereins Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, war noch am Donnerstag im Ministerium und konnte nach Gesprächen Entwarnung geben: "Die Fördergelder dürfen auch für digitale Formen der Buchmesse verwendet werden."
Nun wird die Bühne zur Buchmessezeit in einem anderen Frankfurt aufgebaut, in Frankfurt-Hahn, gleich um die Ecke des Flughafens im Eventhaus in Panzweiler. Alle bereits ausgemachten Termine und Uhrzeiten bleiben bestehen, nur dass die Veranstalter und Autoren, die Gäste und Journalisten dann eben in den Hunsrück kommen müssen. Via Streaming und Aufzeichnungen in den sozialen Medien soll dann das Lesepublikum zur geplanten Zeit aus dem Studio digital erreicht werden, mit Autorenporträts, Lesungen, Präsentationen von Projekten wie "Mainz liest ein Buch". "Nun muss geschaut werden, dass die Konzepte auch vor der Kamera funktionieren, die einzelnen Slots müssen kürzer und kompakter werden", sagt Wolf.
Während die Rheinland-Pfälzer die Live-Events noch vor sich haben, haben die hessischen Verleger*innen schon abgedreht und gecuttet. 30 von ihnen hatten vor der Kamera Fragen wie "Mögen Sie lieber Lesezeichen oder Eselsohren?" oder "Wie viele ungelesene Bücher haben Sie zuhause?" beantwortet und ihr Verlagsprogramm vorgestellt – die Filme wären auf dem Gemeinschaftsstand in Halle 3 zu sehen gewesen. Auch die Fördergelder des Landes Hessen durften fürs digitale Umswitchen behalten werden, sagt Wolf. So kommt am Buchmesse-Sonntag "Literatur aus Hessen" im Rahmen des BOOKFESTS auf die Bühne im Haus am Dom. Zusammen mit dem Hessischen Literaturrat wird außerdem eine Broschüre erstellt, in der die Verleger*innen zu Wort kommen.
Die 30 hessischen Verlage und die 15 rheinland-pfälzischen wollen auch bei "The Hof" mitmachen: Das Hotel Frankfurter Hof ist seit Jahrzehnten während der Buchmesse der Ort, an dem sich viele Leute aus der Buchbranche treffen. Dieses Netzwerk-Ambiente wird nun von der Buchmesse in den digitalen Raum überführt, mit Livemusik und digitalen Breakout-Sessions. Hessen und Rheinland-Pfälzer wollen hier gemeinsam via Zoom einen Empfang ausrichten, bei denen ihre Gäste per Zufall mit anderen Teilnehmer*innen in kleinen Gruppen am virtuellen Stehtisch zusammenkommen und einige Zeit später zum nächsten Tisch wechseln. Ihr Motto: "Grauburgunder trifft Ebbelwoi". Bei allen Verleger*innen steht jetzt vor allem eine Maxime im Vordergrund: "Nicht unterkriegen lassen."