Zum Hintergrund führen die Vereinigungen aus, ebenfalls im Wortlaut:
Aktuell befindet sich die Buchbranche in einer Krise, deren Ausmaß und Auswirkungen für Autor:innen, Übersetzer:innen und die Branche insgesamt dramatisch sind. Ein schlechterer Zeitpunkt für den kurzfristigen und branchenfernen Vorstoß des Bundesrats, eine weitere Beschränkung des Urheberrechts zu Lasten der Leistungserbringer und zu Gunsten der Bibliotheken bei der Umsetzung der UR-RL anzuregen, ist schwer vorstellbar. Der dbv beklagt das sogenannte "Windowing", das den Erwerb einer Leihlizenz zum Beispiel erst drei Monate nach Erscheinen ermöglicht, und verweist auf Bestseller, die den Bibliotheken "vorenthalten" würden. Als Menschen des Worts sind wir irritiert, mit welcher Vehemenz und Verkennung seiner marktdominierenden Stellung der dbv eine angebliche Benachteiligung artikuliert, denn die Zufriedenheit der ca. 1,3 Millionen Onleihe-Nutzer:innen ist hoch: Zur Zeit bietet die Onleihe ihnen eine halbe Million Medien, von denen 8 bis 20, also auch E-Books, gleichzeitig ausgeliehen werden können. Die Onleihe kostet im Schnitt 83 Cent im Monat und ermöglicht, beispielsweise durch Verbundsysteme, auch E-Books aus weit entfernten Bibliotheken auszuleihen, und außerdem Tageszeitungen, Magazine, Zeitschriften, Hörbücher, Filme.
Die Vergütungs- und Transparenzpraxis der öffentlichen Bibliotheken in der elektronischen Leihe ist hingegen beschämend. Die meisten unserer Kolleginnen und Kollegen erhalten bei elektronischer Verwertung normalerweise 25 Prozent vom Nettoverlagserlös, wenn E-Books mittels einer Leselizenz bei Itunes oder Tolino verkauft werden. Jede Nutzung wird vergütet, das ist das Fairness-Prinzip, auf dem die Kultur in einem Markt aufbaut. Für Genre-Autor:innen ist das E-Book oft Haupteinnahmequelle. Bibliotheken setzen diese Fairness außer Kraft, indem sie sich weigern, Ausleihzahlen transparent mitzuteilen und für jede einzelne Leihe eine zusätzliche Nutzungsgebühr zu entrichten. Ein Zahlenbeispiel: Geht ein Taschenbuch für € 9,99 Verkaufspreis in die Onleihe, nimmt sich der Aggregator Divibib, Fördermitglied des dbv, 30 Prozent des Brutto-Verkaufspreises als Provision, also netto mehr als drei Euro. Abzüglich Umsatzsteuer und weiterer Kosten bleibt von dem Rest, dem Nettoerlös, für die Autor:innen 25%. In diesen Rest, etwas mehr als ein Euro, sind 26, 52 oder unlimitierte Leihen eingepreist. Sowohl kleine und mittelständische Verlage als auch Selfpublisher haben keinerlei Verhandlungsmacht, um eine faire Entlohnung oder angemessene Transparenz-Bedingungen durchzusetzen.
Konsequenz: Obgleich über 40% der E-Books bereits mittels der Onleihe gelesen anstatt gekauft werden (2020: 30,2 Mio. Ausleihen zu 35,8 Mio. Verkäufen) , liegt der Erlös aus dem E-Lending nur bei 5% der gesamten jährlichen elektronischen E-Book-Umsätze. Autorinnen und Autoren bezahlen faktisch seit Jahren den "Auftrag" der Bibliotheken. Eine derartige Enteignung gibt es in keiner anderen Branche.
Kommen wir zum Kern der Problematik: Die Finanzierung. Der dbv beklagt Kosten sowie Administrationsaufwand und betont die Wichtigkeit seines Informationsauftrages gegenüber der Gesellschaft. Wir ziehen die soziale Komponente von Bibliotheken nicht in Zweifel – wohl aber die Umwandlung der "Dritten Orte" in eine am Markt teilnehmende Digitalplattform, die Preise und Bedingungen diktiert, wie es sich sonst nur Amazon traut. In Zweifel ziehen wir auch die Absicht des Konstrukts, das sich aus einer Zwangslizenz ergeben wird: Anstatt die kommunalen Haushalte für digitalen Medienerwerb UND Leihvergütung signifikant zu erhöhen, um die oben beschriebene, fortgesetzte Schädigung der Autorinnen zu beenden, könnten Bund und Länder Gesetze implementieren, die diese Schädigung auch noch legitimieren, um Kosten zu sparen. Eine Zwangslizenz mit der Maßgabe einer dafür "angemessenen Vergütung" scheitert an dem Fakt, dass die Bibliotheken die einzigen legitimen Kundinnen wären. Die aufgrund der kurz gehaltenen kommunalen und Länder-Etats bei gleichzeitiger Vormachtstellung auch weiterhin die Niedrigpreise diktieren. Denn es ist unwahrscheinlich, dass Bund und Länder das Budget um das mindestens Achtfache erhöhen, um auch nur annähernd an das Konzept "angemessene Vergütung" heranzukommen.
So oder so würde der E-Book-Markt massiv beschädigt, in Folge würden deutlich weniger Autorinnen und Autoren das Wagnis eingehen, zu schreiben. Dass sich dadurch das Buchangebot in Bibliotheken verringern wird, ist eine Langzeitfolge, von der wir wünschten, dass sie auch dem dbv bewusst wäre. Denn er schadet jenen geistigen Quellen, die Bibliotheken erst möglich machen.
Weitere Fakten und Klarstellungen entnehmen Sie bitte den Eingaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels unter https://www.boersenverein.de/politik-recht/positionen/e-book-leihe/, den Stellungnahmen des Verbands deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) und des VdÜ sowie den Analysen des Netzwerk Autorenrechte auf unten genannter Website.
Das Netzwerk Autorenrechte (www.netzwerk-autorenrechte.de) repräsentiert 14 Verbände und über 15.500 Autor:innen und Übersetzer:innen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.
was ich hier sehe, ist nur der Versuch, alles Mögliche zu verhindern!
Als Leser habe ich den Eindruck, dass Sie sich keine besondere Mühe machen, ein interessantes Ebook-Angebot zu schaffen. Wieso stellen Sie nicht mal ein Angebot zusammen, was die Leser von der Onleihe hin zu Ihnen treibt? In diesem Kontext habe ich einige Fragen:
1) Warum bietet die Onleihe teils ein besseres Angebot im Roman- und Sachbuchbereich als die verlagseigene Plattform Skoobe, obwohl ein Jahresabo ca. zehnmal mehr kostet? Die Zahl von 300.000 Ebooks auf Skoobe scheint ja zunächst gewaltig, wer aber keine Liebesromane oder Selfpublisher liest, für den schaut es mau aus. Wieso finden sich dort nicht z.B. alle Sachbücher der Sachbuch-Bestenliste des ZDF, vom Deutschlandfunk Kultur und der ZEIT?
2) Wieso gibt es nach Jahren bei Skoobe immer noch keine Tolino-Integration, um der Onleihe Konkurrenz zu machen? Damit ginge das Geld direkt zu den Verlagen.
3) Wieso gibt es immer noch keine Bundle-Angebote Taschenbuch/Hardcover inkl. Ebook-Download für einen kleinen Mehpreis, den ich bereit wäre zu bezahlen?
4) Warum bieten die Verlage auf Ihrer Homepage keine eigenen Abos an, wenn die Plattform Skoobe einem schon nicht zusagt. Wieso kann ich als Leser nicht 10-20 Euro im Monat bezahlen und dann alle Ebooks des betreffenden Verlages lesen? Ich wäre auch bereit sofort ein Jahresabo abzuschließen, sodass man einen sicher kalkulierten Gewinn hätte. Wiederum hätte der Verlag Einnahmen ohne Zwischenhändler.
5) Gibt es mal eine Weiterentwicklung von Tolino-Select? Die Auswahl und das Konzept ist doch ein Witz und nichts, was dem Leser entgegenkommt.
Ich bin gerne bereit für ein ordentliches und umfangreiches Abo der Verlage zu bezahlen, aber man muss mir eben auch ein schmackhaftes Angebot machen und nicht nur auf der Onleihe herumhacken.
PS: Ich habe in den letzten Jahren über 1.500 Euro für Bücher ausgegeben und davon mehr als 500 Euro allein für Ebooks. Die Onleihe habe ich kaum genutzt. Sie sehen also, dass selbst solch ein Kunde wie ich sich über Ihr Gebahren wundert.