Schon nach dem Freispruch im vergangenen Jahr hatte Aslı Erdoğan gesagt: "Ich vertraue ihnen nicht. Sie können mich jederzeit wieder anklagen. Sie haben es auch bei anderen getan." Mit dieser Einschätzung hat sie richtig gelegen. Die Verfolgung ist nicht zu Ende. Aslı Erdoğan war im August 2016 im Rahmen einer Verhaftungswelle des Regimes inhaftiert worden und konnte im September 2017 das Land verlassen. Immer wieder ist es in den vergangenen Jahren nötig gewesen, sie wegen Bedrohungen durch türkische Nationalisten unter Polizeischutz zu stellen.
Das deutsche PEN-Zentrum erwartet von der Bundesregierung, insbesondere vom Auswärtigen Amt, deutliche Reaktionen, nicht nur in diesem Fall. "Die Praxis, mit staatlichen türkischen Stellen so zusammenzuarbeiten wie mit solchen aus demokratischen europäischen Ländern, muss endlich aufhören", sagt Sukov.
Aslı Erdoğan ist Autorin von acht Büchern, die in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt wurden. Auf Deutsch erschienen zuletzt ihre politischen Essays "Nicht einmal das Schweigen gehört uns noch" (Knaus) und der Roman "Das Haus aus Stein" (Penguin). "Die Willkür und die erneute Anklageandrohung gegen Asli Erdoğan, die für so viele Verfolgte steht, deren Namen wir nicht kennen, ist unerträglich. Lesen wir Asli Erdoğans Texte und hören wir nicht auf darüber zu sprechen, was Exil und Verfolgung bedeuten, auf diese Weise können wir Asli Erdoğans eindringliches Eintreten für Meinungsfreiheit und gegen staatliche Gewalt unterstützen", so Penguin-Verlegerin Britta Egetemeier.
Aslı Erdoğan ist zurzeit Stipendiatin im Writers-in-Exile-Programm des deutschen PEN-Zentrums. Das Programm wird vollständig aus Mitteln der Beauftragten für Kultur und Medien bei der Bundeskanzlerin finanziert. Die vielfach mit Preisen ausgezeichnete Schriftstellerin erhielt u.a. den Simone de Beauvoir-Preis und den Vaclav-Havel-Preis.