Worin liegt für Sie die besondere Herausforderung bei der Übersetzung dieser Gedichte?
Kraft: Bei der ersten Lektüre ging es darum, die Themenvielfalt zu durchdringen und zu erkennen, dass es sich nicht um aneinandergereihte Gedichte handelt, sondern um eine Gesamtaussage aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Dann natürlich die sprachliche Seite: Wie kann man die Bilder, Wortspiele und Alliterationen ins Deutsche übersetzen?
Seel: Amanda Gormans Stil ist unter anderem von der Tradition der Black Church geprägt, für die es in der deutschsprachigen Literatur kaum eine Entsprechung gibt. Diesen besonderen Ton in seiner historischen Tiefenschichtung zu treffen, ohne dass die Bezüge Leser:innen hierzulande präsent sind, war herausfordernd.
Sind die deutschen Übertragungen jeweils das Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung, oder haben Sie die Übersetzung der Texte untereinander aufgeteilt?
Kraft: Beides. Aber zunächst einmal haben wir die Gedichte angesichts des Zeitdrucks, unter dem wir standen, ziemlich formal aufgeteilt. Für uns beide war es ein Sprung ins kalte Wasser. Die Übersetzung, wie sie jetzt erscheint, ist aber das Ergebnis einer gemeinsamen Anstrengung. Wir haben diskutiert, gegengelesen, kommentiert und einander Vorschläge gemacht.
Seel: Die Arbeit im Team empfinde ich immer als bereichernd. Unterschiedliche Lebens- und Spracherfahrungen, unterschiedliche Lesarten miteinander besprechen zu können, schafft ein Bewusstsein für den Text, das ein Kopf alleine so nicht entwickeln kann.