Die Sorge der Verlage - unter ihnen große Häuser wie Suhrkamp und dtv, aber auch kleinere wie Nautilus - richtet sich auf den bisherigen Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens: Das Justizministerium hat bisher zwei Diskussionsentwürfe vorgelegt, die jeweils einen Teil der EU-Urheberrechts-Richtlinie umsetzen sollen. In Teil 1, der bereits im Januar vorgelegt worden war, sind auch die geplanten Regelungen zur Verlegerbeteiligung an Ausschüttungen der Verwertungsgesellschaften enthalten. Sie sollen eine gesetzliche Grundlage für die Ansprüche der Verlage auf eine Kompensation für Nutzungen Dritter, zum Beispiel das Kopieren von Texten, schaffen.
Der zweite Diskussionsentwurf, der erst vor wenigen Wochen vorgelegt wurde, soll unter anderem die Haftung großer Plattformen für das Hochladen urheberrechtlich geschützter Inhalte regeln (nach Artikel 17 der EU-Richtlinie). Genau an dieser Frage hat sich schon während der EU-Gesetzgebung eine heftige Debatte entzündet, in der unter anderem der Vorwurf der "Zensur" durch sogenannte "Upload-Filter" erhoben wurde.
Die Verleger äußern in ihrem Brief nun die Befürchtung, dass Diskussionsentwurf 1 und 2 zu einem einzigen Referentenentwurf zusammengefasst werden könnten, die Debatte um den Einsatz von Prüfsoftware ("Upload-Filter") wieder an Fahrt aufnehme, und das Gesetz auf der Strecke bliebe. Wenn es aber in der laufenden Legislaturperiode bis Mitte 2021 nicht verabschiedet würde, hätte dies gravierende Folgen für Autoren und Verlage, weil dann der Fortbestand der VG Wort gefährdet wäre. Die Forderung der Verlage lautet daher, eine "eigenständige Gesetzesänderung zur Verlegerbeteiligung auf den Weg zu bringen".
Den Brief hat Nadja Kneissler (Delius Klasing), Vorsitzende des Verleger-Ausschusses, an Justizministerin Christine Lambrecht gerichtet. Kneissler ist es gelungen, in kürzester Zeit 100 Unterzeichner zu mobilisieren.
Zur Einordnung des Verlegerbriefs ist auch ein Blick auf den ökonomischen Hintergrund sinnvoll. Laut "FAZ" entgehen den deutschen Verlagen wegen der fehlenden Beteiligungslösung jährlich Einnahmen in Höhe von 30 bis 40 Millionen Euro, die das Investitionsvolumen der Branche deutlich reduzieren.