Im Buchhandel vor Ort ist Thalia Mayersche bekanntermaßen schon lange uneinholbarer Marktführer – und baut diese Position stetig aus. Jetzt schickt sich das Unternehmen an, auch den Fachbuchhandel und den Handel mit Fachinformationen aufzumischen und dort nach einem Platz an der Spitze zu streben. Mit dem Kauf von Lehmanns Media ist dazu ein wichtiger Grundstein gelegt worden (neben M-Business, das die Mayersche eingebracht hat, als sie von Thalia übernommen wurde).
Die neue Liaison punktet durch die Verknüpfung von zahlreichen POS-Möglichkeiten in den Thalia-Mayersche-Filialen mit den verschiedensten Online-Optionen der Hagener und dem Know-how, das Lehmanns mitbringt. Fachinformationen könnten dann auch im stationären Geschäft wieder eine höhere Sichtbarkeit erlangen, nachdem viele allgemeine Sortimente in den letzten Jahren ihr Angebot an Fachbüchern zurückgefahren haben. Konkurrenten wie Schweitzer, Sack, die dynamisch wachsende A. Stein’sche Mediengruppe oder Hugendubel haben diese Kontaktpunkte ebenfalls, allerdings in weitaus kleinerem Umfang. Sie werden auf Thalias Offensive reagieren und um ihre bisherigen Marktanteile kämpfen müssen. Auch für die Fachverlage zeichnen sich Veränderungen ab – sie werden sich bei den Konditionengesprächen wärmer anziehen müssen als bisher.
Aus Thalias Sicht ist der Zukauf eine sinnvolle Ergänzung zum bisherigen Portfolio: Ein Unternehmen dieser Größe profitiert von Synergieeffekten etwa bei seinen IT-Plattformen, den Online-Shops oder dem Angebot digitaler Medien. Zugleich baut man sich einen weiteren, zukunftsträchtigen Geschäftsbereich auf. Interessant und vorerst unbeantwortet bleibt die Frage, wie Thalia, nach eigenen Angaben schwer getroffen von der Pandemie, seinen jüngsten Neuerwerb mitten in der Corona-Krise finanziert. Der Stuttgarter Verleger Matthias Ulmer hat dazu in einem vielbeachteten Beitrag im Börsenblatt gerade erst dargelegt, wie große Filialisten durch das Geld der Verlage wachsen, sprich: durch die hohen Rabatte, die sie den Verlagen abverlangen, sowie durch hohe Lieferantenverbindlichkeiten. Möglicherweise liegt in diesem Muster auch für die neuerliche Übernahme eine Antwort auf das Finanzierungsrätsel.