Kolonialismus und das Gefühl deutscher Überlegenheit wirken bis in die heutige Zeit hinein. Alice Hasters erzählt von vielen Alltagssituationen, in denen sie allein aufgrund ihrer Hautfarbe als Fremde und nicht der deutschen Sprache mächtig eingestuft wird. »Sozialer Status und Rassifizierung scheinen sich nur schwer voneinander trennen zu lassen. Das ist meist tief verankert: Reich / gebildet = weiß. Arm / ungebildet = BIPoC«, zieht Hasters in »Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten« Bilanz. Menschen mit anderer Hautfarbe werden häufig gefragt, wo sie denn nun »eigentlich« herkommen, auch wenn sie in Stuttgart oder Wuppertal geboren sind. Es sind demütigende Erfahrungen, woran auch die Schule ihren Anteil hat. »Im Unterricht entstand der Eindruck, dass alle Menschen in Afrika, dem zweitgrößten Kontinent der Erde, absolut nichts taten, nur mit Speer und Bastrock rumsaßen, bis dann die Weißen kamen. Bis heute hält sich das Bild: Menschen in Afrika seien hilflos, unfähig und ohne Unterstützung des Westens verloren.«
Hasters geht auch auf Rechtfertigungen ein, warum Deutschland einer Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus aus dem Weg geht, etwa weil es seine Kolonien schon 1919 abgeben musste, was zur Verdrängung führte: »Die anderen waren viel schlimmer, und Deutschland wollte ja nur irgendwie mithalten.« Dabei bestand das deutsche Kolonialreich 34 Jahre lang.
Auch Emilia Roig berichtet in »Why We Matter« von vielen Stigmatisierungen: »Ob in Büchern, Liedern, Filmen, in der Werbung oder bei Spielzeug: Unserem kollektiven Unterbewusstsein wurden und werden permanent Bilder von unterlegenen Schwarzen geliefert.« Und wenn eine Erzieherin in der Kita rüge, »schwarz« solle man nicht sagen, das sei nicht nett, ist für alle Kinder klar: »Schwarz« scheint eine negative Eigenschaft zu sein. Es sind langlebige Muster der Unterdrückung, die Roig nicht nur in Bezug auf Hautfarben, sondern auch auf sexuelle Orientierungen und mehr offenlegt.