Gastland-Serie: Auf einen Espresso mit ... Ginevra Lamberti

Pizza mit Ananas

18. Oktober 2024
Nicola Bardola

Bis wann darf man einen Cappuccino trinken? Gibt es verbotene Pizzas? Die Autorin Ginevra Lamberti widmet sich in ihrer Prosa ernsten Themen, kämpft als Literatin um Meinungsfreiheit und zeigt im Gespräch viel Humor.

Ginevra Lamberti

"Es ist mein erstes Mal in Frankfurt. Es ist auch das erste Mal, dass eines meiner Bücher ins Deutsche übersetzt wurde. Und jetzt hatte ich hier schon erste Interviews, Gespräche mit meiner deutschen Lektorin, mit meiner italienischen Agentur, mit dem französischen Verlag. Meine Erwartungen haben sich mehr als erfüllt." Ginevra Lamberti freut sich nicht nur über ihren funktionierenden Terminplan, sondern auch über unvorhergesehene Gespräche auf den Wegen von einer Halle zur nächsten und in den Gängen. "So gehen Bücher auf Reisen", fasst Lamberti zusammen und verweist auf die Situation in ihrer Heimat und auf das Messe-Pendant: "Der 'Salone del libro di Torino' ist wohl der wichtigste Büchertreff in Italien und gewinnt immer mehr an Bedeutung, auch international. Inzwischen steht ja 'Internazionale' im Namen. Und mich interessieren Begegnungen mit anderen Kulturen und Grenzüberschreitungen. Wir Kulturschaffenden müssen in Zeiten zunehmenden nationalistischen Gedankenguts Brücken bauen."

Ginevra Lamberti ist Mitunterzeichnerin des Protestbriefes der italienischen Autor:innen als Reaktion auf den Fehltritt der AIE und ihre Nichteinladung Roberto Savianos nach Frankfurt. "Ich finde, wir haben richtig reagiert. Die Literaten in Italien haben bewiesen, dass sie noch die nötigen Antikörper haben, um das Gespräch um die Meinungsfreiheit voranzubringen." Als Schriftstellerin würde sich Lamberti zwar nicht als große Optimistin bezeichnen. Trotzdem glaubt sie an die Macht der Worte und der Sprachen. "Wir werden genau darauf achten, dass sich die staatliche Mikrozensur unter Schriftstellern in Italien nicht ausbreiten wird." Lambertis Roman "Der Aufruhr unserer Herzen" (Piper) befasst sich mit Menschen auf dem Land, erzählt ausgehend von einem Tal in Norditalien von vier Generationen und einem halben Jahrhundert voller Schicksalsschläge und vom bäuerlichen Leben im Kontrast zum städtischen.

"Ich finde, das deutsche Covermotiv ist wunderbar", so Lamberti. "Es transportiert sehr gut den Geist des Romans. Und es bezieht sich auf das italienische Umschlagbild, ein Foto das in London 1968 gemacht wurde. Es ist auch schwarzweiß und eine junge Frau ist zu sehen, die einen Mann küsst. Die zentrale Liebesgeschichte spielt ja in den 1970er Jahren". Lamberti vermutet, dass man sich auch in Frankreich für ein Schwarzweißmotiv entscheiden wird. Solche Fotos spiegelten den Ernst der geschilderten Figuren. Humor ist in Lambertis Prosa eher rar gesät, und in Sachen Kaffee ist sie augenzwinkernd streng: "Vielleicht kann ich nicht für alle Italiener hier in Frankfurt sprechen, aber nach 10:30 Uhr würde ich keinen Cappuccino mehr trinken. Einen mittleren Skandal könnte hingegen meine Meinung zur Pizza-Frage auslösen: Ich habe nichts, rein gar nichts gegen eine Pizza mit Ananas."