Gastspiel zum Buchhandlungspreis

"Die Kriterien sind in Gummibegriffen abgefasst"

31. August 2023
Redaktion Börsenblatt

Der Buchhandlungspreis ist zu einem strukturellen Instrument der Förderung geworden, meint Buchhändler Benjamin Wagner. Sein Vorschlag: Der Preis sollte zukunftsgewandte Projekte in den Fokus nehmen. 

Benjamin Wagner, Buchkaffee Vividus, Tübingen

Im achten Jahr der beliebten Auszeichnung wage ich als eigentlich »ausgezeichneter« Buchhändler, der doch nie ausgezeichnet wurde, den Versuch, eine Alternative zu formulieren. In den vergangenen Jahren – ich gebe es zu – habe ich mich nicht mehr beworben. Die Frustration über zahlreiche Ablehnungen und die Erkenntnis, dass meine inhaltlichen Schwerpunkte und meine wirtschaftlichen Erwägungen einfach nicht in das ziemlich enge Raster preisverdächtiger Buchhandelskonzepte passen, haben meine Motivation begraben. Dabei ist mein Anliegen gerade nicht, auch nur einer ausgezeichneten Buchhandlung das Prestige und das Geld zu missgönnen. Nach all den Jahren ist dieser Preis aber von einem Event, das der Branche vor allem Glanz und Aufmerksamkeit bringen sollte, zu einem strukturellen Instrument der Förderung geworden – und strukturelle Förderung sollte nach formalen Kriterien vergeben werden

Das jetzige System ist in keinster Weise frei von Zufall und Subjektivität, denn die Kriterien sind in Gummibegriffen abgefasst. Wieso ist etwa ein »literarisches Sortiment« mehr wert als eine hervorragende Abteilung zum Thema Natur / Permakultur / Klima? Ist ein Geschäftsmodell innovativ, wenn es hip und irgendwie digital ist oder wenn es ertragreich ist? Wird die Wirtschaftlichkeit »innovativer Geschäftsmodelle« überhaupt geprüft? Ist es denn so ehrenrührig, wenn Buchhändler:innen zur Verminderung der branchenüblichen Selbstausbeutung und zur Quersubvention schwer verkaufbarer Titel hin und wieder ein gut rabattiertes Non-Book oder einen leckeren Cappuccino verkaufen? Preisverdächtig ist es jedenfalls nicht.

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