Indie-Vertreter Rudi Deuble

"Der Klitters will dich sprechen!"

15. Februar 2024
Nils Kahlefendt

Bei Stroemfeld kümmerte sich Rudi Deuble um fast alles zwischen Vertrieb und Lesungs-Orga, später reiste der Freund und Lektor Peter Kurzecks als Vertreter in die schönsten Buchhandlungen der Republik. Nun veröffentlicht er Buch um Buch aus dem Nachlass des Schriftstellers.

Ein vertrautes Bild: Rudi Deuble mit Rucksack auf der Messe.

Eigentlich kann man Rudi Deuble mit kaum etwas aus der Ruhe bringen. Doch so, wie er im Forno D’Oro im Frankfurter Nordend in seine Pizza säbelt, wirkt er doch etwas nervös. Morgen wird er im Maison de la Poésie, dem Pariser Literaturhaus, dabei sein, wenn der von Cécile Wajsbrot übersetzte Roman "Als Gast" ("En invité") von Peter Kurzeck seine Frankreich-Premiere hat. Es ist bereits der dritte Kurzeck-Band, der bei unseren Nachbarn erscheint – und diesmal möchte Deuble, auch wenn’s nur eine posthume Reverenz ist, dabei sein. Die beiden verbindet einiges: Anfang der 1990er Jahre wurde Deuble, der sich bei Kurzecks damaligem deutschen Verlag Stroemfeld um Vertrieb und Presse kümmerte, parallel als freier Verlagsvertreter zu reisen begann, zum Freund und Lektor des Autors. Nach Peter Kurzecks Tod im November 2013 begann er, zunächst mit Alexander Losse, dann allein, die Werke des Freundes aus dem Nachlass herauszugeben, die seit 2018 bei Schöffling erscheinen. Den letzten Sommer konnte sich Deuble, dem man die 71 Jahre nicht ansieht, mit Haut und Haaren in die Editions-Arbeit stürzen – es war der erste Sommer seit drei Jahrzehnten, in dem er sein Leben nicht jeden Tag in vollen Zügen genießen musste, den schweren Rucksack aus gelbem Segeltuch immer dabei.

"Willst du nicht hierbleiben?"

In zirka zehn Jahren sollte es mit einer Stelle klappen, beschied das Gießener Oberschulamt, als Deuble ein Jahr nach seinem mit Bravour bestandenen zweiten Staatsexamen Deutsch und Politik vorsprach. I would prefer not to, dachte der junge Mann, und wurde, statt Lehrer, Lektor bei Pahl-Rugenstein. Als Fünfer im Lotto erwies sich ein Lektoren-Seminar der Bertelsmann-Stiftung in Tutzing, annonciert im BÖRSENBLATT. "Leute wie Franz Greno, Michel Krüger oder der Literatur-Chef der SZ gaben sich die Klinke in die Hand; der Controller von S. Fischer hat – Beitragsrechnung, Auflagenbestimmung! – eine ganze Woche mit uns Bücher kalkuliert, mit dem Cheflektor von C.H. Beck haben wir einen Briefwechsel aus dem 19. Jahrhundert ediert." Regina Kammerer, heute Luchterhand-Verlagsleiterin, oder der Übersetzer Peter Torberg, längst guter Freund und notorischer Messegast auf Deubles Sofa, gehören auch zum Crash-Kurs. Als nach der Implosion der DDR auch der mit Ost-Kohle gepäppelte Kölner Verlag verblich, rettete sich Deuble in eine Zusatzausbildung zum Verlagskaufmann und absolvierte sein Praktikum bei Stroemfeld/Roter Stern – in Köln hatte er einen Dokumentationsband über die APO lektoriert. In der Frankfurter Holzhausenstraße muss er bella figura gemacht haben, denn vor Ablauf der drei Monate fragte ihn Verleger KD Wolff: "Willst du nicht hierbleiben?"

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