Auch Buchhandlungen im Visier

Anfrage zu NGOs: CDU Lübeck folgt Vorbild der Bundespartei

13. March 2025
Redaktion Börsenblatt

Andreas Zander, Mitglied der CDU-Bürgerschaftsfraktion in Lübeck, hat eine Anfrage im Hauptausschuss eingereicht. Weil bei Demos gegen rechts Sprechchöre wie "Ganz Lübeck hasst die CDU" zu hören waren, will er klären lassen, welche Parteien oder Gruppen, die diese Proteste mitorganisiert haben, von der Stadt gefördert werden. Die Grünen, GAL und Die Linken reagierten empört.

Mikrofon im Fokus vor unscharfer Menge von Demonstranten

Ein breites Bündnis aus gesellschaftlichen Akteuren hatte vor der Bundestagswahl vor einem Rechtsruck in der Gesellschaft gewarnt (Symboldbild)

 

"Die Frage nach der politischen Neutralität staatlich geförderter Organisationen sorgt aktuell zunehmend für Debatten", begründet Zander seine Anfrage. "Hintergrund sind Proteste gegen die CDU Deutschlands, die teils von gemeinnützigen Vereinen oder staatlich finanzierten Organisationen organisiert oder unterstützt wurden. Auch in Lübeck haben wir mitten im Bundestagswahlkampf Demonstrationen erlebt, in denen unter anderem 'ganz Lübeck hasst die CDU' skandiert wurden."

Zander hat eine Liste mit Initiatoren der Demos gegen Rechts beigefügt, auf der sich auch mehrere Buchhandlungen finden, darunter die Buchhandlung Belling, die Buchhandlung Arno Adler sowie die Buchhandlung Langenkamp.

Reaktionen von SPD, GAL, LINKE

Die Fraktions- und Parteivorsitzenden von Bündnis 90/Die Grünen in Lübeck – Mandy Siegenbrink, Dr. Axel Flasbarth, Judith Balke und Tobias Preß – kritisieren die von CDU-Bürgerschaftsmitglied Andreas Zander für die kommende Sitzung des Hauptausschusses eingereichte Anfrage scharf. Dazu erklären die Vorsitzenden:

"Mit seiner Anfrage nach Finanzierung und Zusammenarbeit der Hansestadt Lübeck mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen, darunter Gewerkschaften, Kultureinrichtungen, soziale Initiativen und Umweltverbänden, stellt Herr Zander die Unabhängigkeit und freie Meinungsäußerung dieser Organisationen infrage, vor allem, da Herr Zander diese Anfrage im Zusammenhang mit deren Teilnahme an Demonstrationen stellt. Ziel seiner Anfrage scheint es zu sein, das Engagement dieser Akteure im demokratischen Diskurs zu diskreditieren. Zivilgesellschaftliche Akteure tragen maßgeblich zur Stärkung unserer Demokratie bei. Sie setzen sich für gesellschaftlichen Zusammenhalt, soziale Gerechtigkeit, den Schutz unserer Umwelt und für viele weitere gesellschaftlich wichtige Ziele ein. Dass Herr Zander dieses Engagement mit seiner Anfrage pauschal infrage stellt, ist nicht nur befremdlich, sondern ein gezielter Versuch, kritische Stimmen mundtot zu machen. Die Intention dieses Vorstoßes verurteilen wir in Gänze."

Von GAL war zu hören: "Besonders erschreckend ist, dass die CDU Lübeck mit dieser Anfrage sogar Kinder und Jugendliche in Schulvertretungen ins Visier nimmt und versucht, sie einzuschüchtern. Die Wähler:innengemeinschaft GAL fordert daher, diese Angriffe auf die Zivilgesellschaft sofort zu stoppen und die demokratische Arbeit der betroffenen Initiativen und jungen Menschen zu unterstützen. Was die CDU Lübeck hier betreibt, ist ein gefährlicher Angriff auf die Zivilgesellschaft und damit auf die Demokratie selbst."

Auch von der Linken hagelte es Kritik:  "Wir stehen zusammen mit allen in der Anfrage genannten Vereinen, Verbänden und Organisationen. Der Versuch der Einschüchterung von Andreas Zander ist erbärmlich. Herr Zander hat Erfahrungen mit Rücktritt und sollte so einen wieder in Betracht ziehen", sagt Andreas Müller, Vorsitzender von Die Linke Lübeck.

Hintergrund: Fragenkatalog von CDU/CSU

Am Tag nach der Bundestagswahl hatten CDU / CSU einen umfangreichen Fragenkatalog an die Bundesregierung geschickt. Darin ging es um die Finanzierung von 17 Organisationen wie Greenpeace, Omas gegen Rechts, Deutsche Umwelthilfe, Campact, Amadeu Antonio Stiftung und BUND. Gefragt wurde, wie das ZDF zusammenfast, dabei nach der Gemeinnützigkeit einzelner Organisationen, nach Verbindungen zu Bundesbehörden und internationalen Organisationen und nach nötigen Reformen.

Die Unionsfraktion hatte insgesamt 551 Fragen gestellt und dies damit begründet, dass sich Demonstrationen von zahlreichen Organisationen Anfang Februar "nicht einfach 'gegen rechts' gerichtet" hätten, sondern "ganz dezidiert" gegen die CDU.

Antwort der Bundesregierung: "Gemeinnützige Organisationen dürfen politisch aktiv sein"

Die Bundesregierung hat die von CDU und CSU erhobenen Vorwürfe gegen gemeinnützige Organisationen am Mittwoch (12.3.2025) ungewöhnlich scharf zurückgewiesen. In ihrer Antwort auf eine umstrittene Anfrage der Union zur Finanzierung von Nichtregierungsorganisationen (NGO) hob sie u.a. hervor, dass gemeinnützige Organisationen laut einem Urteil des Bundesfinanzhofs auch politisch aktiv sein können. Auch den Vorwurf einer "Schattenstruktur" wies die Bundesregierung zurück. "Keine Anhaltspunkte", heißt es dazu kurz und knapp.

In der umfangreichen Vorbemerkung der Regierung wird zudem betont, dass "das Grundgesetz ein Grundrecht auf Versammlungsfreiheit garantiert" und die "Selbstbestimmung hinsichtlich Ort, Zeitpunkt, Art und Inhalt einer Versammlung" geschützt sei. Vor Wahlen gebe es hierbei keine Einschränkungen. dass "gemeinnützige Organisationen politisch aktiv sein dürfen". Es sei auch "nicht zu beanstanden (...), wenn eine steuerbegünstigte Körperschaft außerhalb ihrer Satzungszwecke vereinzelt zu tagespolitischen Themen Stellung nimmt". Um Transparenz über den Einfluss von Interessenvertretungen auf den Bundestag und die Bundesregierung zu schaffen, existiere seit Anfang 2022 ein verbindliches öffentliches Lobbyregister.