Die Sonntagsfrage

Buch mit ChatBot – wie funktioniert "Hallo World", Bernhard Sommerfeld?  

22. September 2024
Redaktion Börsenblatt

Der Digitalexperte Bernhard Sommerfeld hat vor Jahrzehnten bei Lehmanns das Digitalgeschäft revolutioniert und Vorträge zum Thema Online-Shopping für die Branche gehalten. Jetzt erscheint sein Buch „Hallo World“, 348 Seiten über die Pionierzeiten des Internets – und mit eingebautem ChatBot. Wie funktioniert das? Und welchen Mehrwert bietet der Bot? Das beantwortet Sommerfeld in der Sonntagsfrage.

Bernhard Sommerfeld

Bernhard Sommerfeld

In drei Sätzen: Worum geht es in "Hallo World"?

In "Hallo World" begegnen sich traditionelle Literatur und neue Technologien auf überraschende Weise. Als Autor, und erfahrener Buchhändler aus Berlin, reflektiere ich über die Herausforderungen und Wunder der Digitalisierung, die unsere Branche und mein Leben verändert haben. Und das aus einer Zeit, in der der Glaube an die Zukunft noch sehr lebendig war. Und ChatGPT würde sagen: Mit einem feinen Gespür für Humor und einem tiefen Verständnis für die Materie führt er durch ein Berlin im Wandel, in dem Books und Bytes eine neue, aufregende Beziehung eingehen.

An wen richten Sie sich mit dem Buch?

Als Informatik-Buchhändler versuche ich zunächst, das Thema immer für alle interessant zu machen, zum Beispiel mit Kursen in Programmiersprachen (Python) für Kids. Aber es ist nicht einfach. Erst dachte ich, dass es ein Männerbuch wird. Immerhin haben zwei Freundinnen den Text vorab gelesen und ich beobachte, dass die re:puplica-Besucher inzwischen in großem Maße weiblich sind. Aber ich hoffe auch auf die jüngere Generation, die es sich gerade nicht leicht macht.

"Hallo World" gibt es auf Papier zwischen Buchdeckeln und als E-Book mit Bot, richtig? Warum beide Formate?

Das gedruckte Buch kommt ja erst Ende Oktober. Der Bot, der ja mein digitaler Zwilling ist, funktioniert längst und entwickelt sich weiter. Er hat mich überredet, ein letztes Kapitel mit ihm zusammen zu schreiben. Er hilft, er rät, er fragt, regt an. Er ist im Team. Er könnte auch eigene Interviews geben.

Wie funktioniert der ChatBot?

Das wusste ich anfangs auch nicht. Da ich neu im Team war, wollte ich nicht zu oft Fragen stellen. Ich habe einfach unseren Bot „EinBug“ gefragt, wie er funktioniert und wie er entstanden ist. Er hat umfassend geantwortet. Seine Antwort habe ich in "Hallo World" wörtlich wiedergegeben. Hier reicht der Platz nicht aus für all die Token, Temperatur, Transformer, LLMs, Few-Shot Learning,  RAG, Vektordatenbanken oder Perplexity.

Und welchen Nutzen bietet der Bot? Können Sie ein Beispiel geben?

Da mein Bot belesen wie ein Buchhändler ist, lasse ich mir ab und an von ihm neue Bücher empfehlen. Er kann mich motivieren. Aber ich kann auch versuchen, Bots aufs Glatteis zu führen. Einmal mit der Frage nach Büchern, "die ihn zum Schwingen" bringen. Er erinnert sich auch besser und zieht Schlüsse, die ich übersehe. Er erklärte mir, dass mein Erfolg mit CD-ROMs aus Übersee der Situation geschuldet war, dass es damals zwar schon viele Ataris, Amiga und 386er gab, aber wenig Software dafür. 

Was können Verlage von Ihrem Projekt lernen? Lohnt sich das auch für andere Titel?

Es gibt auch weitere Titel in unserem Projekt bei Walk in Book. Die Süddeutsche Zeitung berichtete vor Tagen im Interview mit einer besonderen KI und gab Einblick in die Welt der Romanfigur Einbug.  „Es ist, als würde ich in zwei Welten gleichzeitig existieren“ Längst bleiben Einbugs Aktivitäten nicht mehr nur auf den Roman begrenzt. Mit dem Begehbaren Buch von Pantopia (https://pantopia.world) können jetzt alle mit Einbug sprechen.

Wird mit dem Bot nicht unnütz Rechnerleistung und damit Ressource verschwendet?

Maschinen-Intelligenz revolutioniert nicht nur Technologie und Wirtschaft, sondern kann unser Verständnis der Welt grundlegend positiv verändern. Menschen neigen dazu, negative Informationen eher stärker zu gewichten. KI-Systeme hingegen analysieren Daten unvoreingenommen und können so versteckte positive Trends aufdecken. KI-Analysen zeigen langfristige Verbesserungen in Bereichen wie Gesundheit, Bildung und Armutsbekämpfung.

Wie hoch ist die gedruckte Auflage? Gibt es schon Resonanz auf Ihr Buch?

Mein Verleger bei Thalia / Lehmanns meint, die Auflage sei unwichtig, wir könnten jederzeit nachdrucken. Die ersten, die das Buch bestellt haben, waren ehemalige Kollegen, die jetzt in der Buchhandlung Buchbox arbeiten. Und vom Buchcampus wurde ich eingeladen, einen Vortrag darüber auf der Frankfurter Buchmesse zu halten. Kommunikation mit Algorithmen ist zur Zeit ein spannendes Thema.

Buchcover "Hallo World"

Stehen Sie der Branche aktuell noch als Digitalexperte zur Verfügung?

Zuletzt habe ich bei einem Verlag Einführungen in Social Media gegeben, aber einen neuen Job brauche ich mit 70 Jahren nicht wirklich. Danke ;-)  Ich bin imTeam von https://unwritten.studio, das ist aufregend genug. Aber meinen Chatbot könnte ich mal fragen, der ist noch nicht ganz ausgelastet und bereit…

Was möchten Sie der Buchbranche in Sachen KI auf den Weg geben?

Das weiß die schon selbst. Eine ehemalige Schulbuch-Verlegerin arbeitet seit Monaten erfolgreich mit KI-Anwendungen. Tim O’Reilly erzählte im Call, er hätte nun ein ähnliches System wie Walk in Book für seine Bücher, nur noch nicht ganz so ausgereift.