Worauf Buchhändler bei Verkauf und Werbung achten sollten

Ein Kilo Schiller?

9. Juni 2017
von Börsenblatt
Bei Lockartikeln, Koppelungsangeboten und Zugaben sollten Buchhändler nie die juristische Seite vergessen. Die Preisbindungsbevollmächtigte Birgit Menche hilft durch den Paragrafendschungel und erklärt, warum man Bücher nicht einfach wiegen darf.

Angestaubte Klassiker auf Kilopreisbasis verkaufen? Literarischen Genuss mit dem passenden Wein kombinieren oder zum teuren Führungskräfteseminar einen Lebensratgeber verschenken? Das Wettbewerbsrecht fasst Zugaben, Koppelungsangebote und Geschenke unter dem Begriff "Verkaufsförderungsmaßnahme" zusammen und verlangt, dass die Bedingungen für ihre Inanspruchnahme klar und deutlich angegeben werden müssen (Paragraf 4 Nr. 4 UWG). Das gilt auch für Verkaufsförderungsmaßnahmen im Buchhandel. Allerdings zieht hier, mitunter zum Verdruss kreativer Marketingleute, bereits das Buchpreisbindungsgesetz (BuchPrG) enge Grenzen.

Wer diese Grenzen ausloten will, muss in einem ersten Schritt zwischen Verlagserzeugnissen unterscheiden, die einer Preisbindung unterliegen, und solchen Angeboten, die frei kalkuliert werden können. Eine freie Kalkulation ermöglichen Produkte, die – wie eine Flasche Wein, ein Hörbuch oder ein Führungskräfteseminar – keiner Preisbindung zugänglich sind oder auch Bücher, bei denen der Verlag den ursprünglich gebundenen Ladenpreis zwischenzeitlich aufgehoben hat.

Soweit die Verkaufsförderungsmaßnahme preisgebundene Waren betrifft, ist im zweiten Schritt zu prüfen, ob das Buchpreisbindungsgesetz die Maßnahme ausnahmsweise erlaubt – und ob der gebundene Artikel die Hauptware oder die Nebenware (Zugabe) darstellt. Ein Beispiel: Vor Jahren hat ein Verlag gemeinsam mit einem Mobilfunkanbieter eine Aktion initiiert, wonach jeder, der einen – seinerzeit noch teuren – Mobilfunkvertrag abgeschlossen hatte, Bücher aus einer beliebten Reihe kostenlos dazu bekam. Die Aktion stieß im Sortimentsbuchhandel auf wenig Gegenliebe, war aber preisbindungsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn der Mobilfunkvertag stellte eindeutig die preisbindungsfreie Hauptleistung dar, auf die preisgebundene Bücher als Zugabe gewährt wurden. Diese Fallkonstellation war und ist kein Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgesetz, ebenso wenig wie die Ankündigung eines Seminaranbieters, bei der Buchung einer hochpreisigen Fortbildung einen Ratgeber oder ein Fachbuch gratis dazuzugeben.

Anders verhält es sich jedoch, wenn das preisgebundene Produkt die Hauptware darstellt, wenn also anlässlich eines Buchverkaufs eine Ware oder Dienstleistung kostenlos dazugegeben wird. Nach dem Buchpreisbindungsgesetz sind solche Verkaufsförderungsmaßnahmen grundsätzlich verboten. Eine Ausnahme gilt nach Paragraf 7 Abs. 4 Nr. 1 BuchPrG, wenn die Zugabe absolut oder relativ gesehen geringwertig ist. Relativ geringwertig ist sie dann, wenn ihr Verkehrswert – nicht der Einkaufspreis – maximal zwei Prozent des Buchpreises beträgt. Da mehrere zeitlich nachfolgende Kaufvorgänge zusammengefasst werden dürfen, können Buchhändler diese Ausnahmevorschrift auch für Kundenbindungssysteme nutzbar machen.

Mitunter bringt der Werbende nicht klar zum Ausdruck, was im Angebot nun die Hauptware und was die Nebenware (Zugabe) ist – oder zwei gleichrangige Produkte werden zu einem sogenannten Koppelungsangebot verbunden. Dazu ein Beispiel: Eine Buch- und Weinhandlung bietet einen Bildband über das Markgräflerland zusammen mit einer Flasche Fischinger Weingarten an – im "Bundle" zu einem Gesamtpreis, der unterhalb der Summe der regulären Einzelpreise von Wein und Bildband liegt. Preisbindungsrechtlich sind solche Angebote heikel, wenn auch nicht von vorn­herein verboten. Dass der Paketpreis nicht günstiger sein darf als der Einzelpreis des Buchs, ist selbstverständlich. Der Gesamtpreis darf aber auch nicht so knapp über dem gebundenen Ladenpreis liegen, dass eine Kalkulation für die nicht preisgebundene Ware unter Gestehungskosten deutlich wird. Anders ausgedrückt: Das preisgebundene Produkt darf den preisfreien Artikel nicht "subventionieren".

Von Koppelungsangeboten und Zugaben zu unterscheiden sind Geschenke, die in keinem Zusammenhang mit einem Buchkauf stehen. Während Nachlässe auf Buchkäufe – von wenigen Ausnahmen abgesehen – verboten sind, ist das Verschenken von Büchern erlaubt. Ein Buchhändler, der im Rahmen seiner Social-Media-Präsenz ein Gewinnspiel veranstaltet, darf dem Gewinner ein preisgebundenes Buch schenken, ohne deshalb gleich in Konflikt mit dem Buchpreisbindungsgesetz zu geraten.  

Und wie steht es mit dem Verkauf von Büchern auf Kilopreisbasis? Soweit eine solche Ak­tion auch preisgebundene Ware umfasst, liegt darin ein klarer Preisbindungsverstoß. Aber auch beim Verkauf ausschließlich preisbindungsfreier Ware drohen juristische Fallstricke. Erweckt der Anbieter den Anschein, als beziehe sich der Kilopreisverkauf auch auf preisgebundene Ware, liegt darin ein Verstoß gegen das wettbewerbsrechtliche Irreführungsverbot. Selbst wenn der Anbieter seiner Transparenzpflicht nach­kommt, dürfte die Aktion nicht mit der Preisangabenverordnung (PAngVO) vereinbar sein, nach der beim Verkauf von Waren eine der allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechende Verkaufseinheit angegeben werden muss (Paragraf 1 Abs. 1 Satz 2, abs. 6  PAngVO). Danach dürfen zwar Äpfel und Birnen, nicht aber Bücher auf Kilopreisbasis verkauft werden.

Die Gerichte haben dies für andere Waren, unter anderem für Kerzen, bereits entschieden; soweit ersichtlich, liegt zu Büchern noch keine Rechtsprechung vor. Trotzdem setzt sich ein Händler, zum Beispiel ein Versandbuchhändler, der preisbindungsfreie Mängelexemplare über seinen Onlineshop kiloweise verkauft, einem Abmahnrisiko aus. Hingegen dürfen Privatpersonen oder nicht gewerbliche Einrichtungen, die sich ihrer Buchbestände entledigen wollen, auf den Kilopreistrick zurückgreifen. Denn die Preisangabenverordnung gilt nur für den, der Ware gewerblich oder geschäftsmäßig, zumindest aber regelmäßig an Verbraucher verkauft. Außerdem ist der Anwendungsbereich der PAngVO auf Angebote gegenüber Verbrauchern beschränkt, gilt also nicht für den Geschäftskontakt von Unternehmern untereinander.