Podium auf der Frankfurter Buchmesse

Vom Umgang mit Rechten

11. Oktober 2017
von Börsenblatt
Dürfen rechte Verlage auf der Frankfurter Buchmesse ausstellen? Und wenn ja, wie geht man mit Ihnen um? Das war die Ausgangsfrage des Podiums "Der rechte Umgang – Umgang mit Rechts", das heute Mittag im "Weltempfang" stattfand – und mit einem lauten Zwischenruf von Rechts bedacht wurde. 

Hintergrund war die Diskussion, die im Vorfeld der Messe vor allem durch Berichte in der "Frankfurter Rundschau" angestoßen worden war. Die Zeitung hatte unter anderem kritisiert, dass Titel der neonazistischen Stiftung "Europa Terra Nostra" auf der Messe ausgestellt werden, und über geplante Aktionen der Stiftung berichtet. Umstritten ist aber auch die Anwesenheit des neurechten Antaios Verlags, der einen Stand gebucht hat und zu mehreren Veranstaltungen im Forum Wissenschaft eingeladen hat. Die Buchmesse bekräftigte ihre Haltung, nur dann gegen rechte Verlage einzuschreiten, wenn Recht und Gesetz verletzt werden. Ansonsten gebiete es die Meinungsfreiheit, niemanden auszuschließen.

Moderator Holger Heimann fragte Tobias Voss, Geschäftsleiter Internationale Projekte der Buchmesse, ob ihn die Vehemenz der Kritik überrascht habe. "Wir haben diese Diskussion alle Jahre wieder, in den vergangenen Jahren zum Beispiel wegen der Zeitung 'Junge Freiheit'" sagte Voss. "Die Frankfurter Buchmesse steht für die Freiheit der Rede und des Publizierens, und es ist nicht unsere Aufgabe, nach politischen, moralischen oder ästhetischen Kategorien zu urteilen."

Daniel Majic, Redakteur der "Frankfurter Rundschau", kann zwar das Dilemma verstehen, in dem sich die Buchmesse befindet, hält diese Position allerdings für unzureichend. Die Meinungsfreiheit stehe nicht zur Disposition, man müsse sich aber fragen, wie weit sie gehe. So plane etwa der Antaios Verlag einen Empfang mit Vertretern der identitären Bewegung. Und die Stiftung "Europa Terra Nostra" wollte ihre Autoren auf die Messe einladen.

Voss sagte dazu, der Messe gegenüber sei das nicht geäußert worden. Zur Frage der Grenzziehung sagte Voss: "Wenn man einen ausgestellten Titel verbietet, hält ein anderer gleich den nächsten Titel hoch, der ebenfalls verboten werden soll." Dadurch geriete man in einen "infiniten Regress".

Ob das Problem seit dem Einzug der AfD in den Bundestag virulenter geworden sei, wollte Holger Heimann vom Herausgeber und Krimi-Kritiker Thomas Wörtche wissen. Dieser riet zur Gelassenheit: Die Messe sei mit ihren 7.000 Ausstellern eine internationale Veranstaltung, in der Positionen wie die von Antaios keine Chance hätten.

Majic lenkte die Diskussion auf die Frage, welche Strategie die Rechten mit ihrer Messepräsenz verfolgten. Ihr Ziel sei es, in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen – vor allem dadurch, dass Medien ihre Themen aufgreifen und ihnen den Beweis liefern, dass ihre Positionen verhandelt werden.

"Kulturkampf von rechts"

Timo Reinfrank, Geschäftsführer der Amadeu-Antonio-Stiftung, sprach von einem "Kulturkampf von rechts". Man müsse sich angesichts eines starken rechtspopulistischen Milieus mit den Inhalten der Rechten auseinandersetzen, ohne sie zu normalisieren. Und man dürfe sich nicht die Bedingungen von der anderen Seite diktieren lassen. Dies habe, so Reinfrank, Ellen Kositza von Antaios, mit einem Brief versucht, in dem sie ein Gespräch auf "Augenhöhe" gefordert hätte. Das hieße aber, so die Amadeu-Antonio-Stiftung in einem Antwortschreiben, die eigenen demokratischen Überzeugungen zur Debatte zur stellen. Nein, man sei nicht bereit, die Meinungen der Neuen Rechten diskutabel zu machen.

Probleme mit rechtsextremen Verlagen hatte die Buchmesse Göteborg in der jüngeren Vergangenheit. Maria Källsson, die Direktorin der Messe, war gegen ein Verbot, musste dann aber erleben, wie vor allem Autoren die Messe boykottierten. Ihr bitteres Fazit: Am Ende waren die Rechten die Gewinner.

Alexander Skipis hatte vor der Messe einen "kreativen Umgang" mit den Rechten angekündigt. "Dieses Podium", so Voss, "ist ein Beitrag dazu. Es gibt auch noch eine weitere Veranstaltung, mit Thomas Wagner, dem Autor des Buchs "Die Angstmacher". Darin lege er die Argumentationsstruktur der neurechten Bewegung offen und zeige, was sie aus der 68er-Bewegung adaptiert habe.

Das war wohl das Stichwort für zwei Vertreter von Antaios, die die Runde lautstark unterbrachen, fragten, weshalb man Götz Kubitschek nicht auf das Podium eingeladen habe, und anschließend ein Positionspapier an die Podiumsteilnehmer verteilten. Der Versuch eines klassischen "Go-In" nach 68er Vorbild wurde allerdings nach kurzer Erregungswelle und ohne Handgemenge zurückgedrängt.

Offen blieb am Ende die Frage, wie die Auseinandersetzung mit Rechten zu führen sei: Mit Boykott? Keine gute Idee. Im direkten Gespräch? Das würde nur die mediale Strategie der Rechten bedienen. Indem man mehr über sie schreibt? Tobias Voss kündigte jedenfalls an, dass man nach der Messe prüfen wolle, ob der kreative Umgang mit Antaios funktioniert habe.

roe