Neues Druckzentrum für einen zweistelligen Millionenbetrag

BoD und Libri ab 2020 unter einem Dach

4. September 2018
Tamara Weise
Books on Demand (BoD) und Libri ziehen zusammen: In Bad Hersfeld entsteht bis Ende 2020 ein neues Druckzentrum – direkt neben dem Barsortiment. Die Zahl der über Nacht lieferbaren Titel soll auf 5 Millionen steigen.
Das BoD-Libri-Druckzentrum in Bad Hersfeld: Eckpunkte

Nach eigenen Angaben investieren Libri und BoD einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag in das Druckzentrum, planen es mit einer Größe von 10.000 Quadratmetern (hinzu kommt noch einmal so viel Logistikfläche) – und veranschlagen als Bauzeit rund zwei Jahre: Anfang 2019 erfolgt der Spatenstich, in Betrieb nehmen wollen sie es nach und nach ab Ende 2020. "Erst wenn ein reibungsloser Ablauf garantiert werden kann, erfolgt die völlige Umstellung auf das Print-on-Demand-Zentrum in Bad Hersfeld", kündigt BoD-Geschäftsführer Gerd Robertz an. Was danach mit dem Druckstandort Norderstedt passiert, ist Robertz zufolge bislang noch offen: "Für die verbleibende Produktion wird aktuell eine dauerhafte, alternative Nutzung geprüft."

"never out of stock": Alte Argumente in neuem Umfeld

Das Großprojekt zeigt: Libri und BoD sehen ihre Zukunft dort, wo die Prozesse entlang der Wertschöpfungskette flexibler werden, Verlage an ihrer Wirtschaftlichkeit arbeiten. Schon vor dem gemeinsamen Neustart in Bad Hersfeld betonen sie, sie wollten „ein einzigartiges Angebot im europäischen Buchmarkt“ schaffen – und bringen vier Faktoren ins Spiel. 

Faktor 1: Print on Demand / Digitaldruck ab Auflage 1
Die Argumente pro PoD sind schon häufig aufgezählt worden, Libri und BoD wiederholen sie für ihr Vorhaben erneut. "Wird Print on Demand von Anfang an in die Publikationsprozesse eingeplant, können Bücher risikofrei, flexibel und nachhaltig veröffentlicht und Lagerbestände optimal bewirtschaftet werden", rechnen sie vor.

Die Backlist, das gesamte Verlagsprogramm, ließe sich dauerhaft lieferbar halten, außerdem sei es möglich, neue Titel, Themen und Formate zu testen, Nachfragespitzen abzufangen – alles ohne in eine große Auflage zu investieren. Mit anderen Worten: Kein Verlag soll sich mehr verheben müssen, wenn er Absatz und Umsatz steigern will. 

Aktuell druckt BoD täglich bis zu 30.000 Exemplare und etwa 4 Mio. Bücher pro Jahr – und Robertz geht nicht davon aus, dass das weniger wird: „Wir rechnen auch weiterhin mit einem starken Wachstum des Druckvolumens.“

Faktor 2: Über-Nacht-Logistik
Print on Demand, Drucken nach Bedarf – das können auch andere. Zwar verfügt BoD über vergleichsweise viel Erfahrung, wirklich spannend macht das Projekt aber erst die direkte Anbindung an die Libri-Logistik: Ab Ende 2020 müssen die bei BoD hergestellten Titel nicht erst 350 Kilometer bis nach Bad Hersfeld reisen, um Teil der Logistik zu werden – das spart Zeit und Geld. Was gleich bleibt: die Zusammenarbeit mit allen anderen Barsortimenten und auch Verlagsauslieferungen.  

Faktor 3: Fünf Millionen Titel werden ad hoc lieferbar
Unentbehrlich machen wollen sich beide aber auch für Händler. Wie berichtet, hat das Barsortiment Libri sein über Nacht lieferbares Sortiment seit 2015 auf eine Million Titel erhöht – durch die Vor-Ort-Kooperation mit BoD soll nun der nächste Schritt gelingen: ein Wachstum auf fünf Millionen Titel. Dabei ist das Ziel schon bald erreicht, weit vor dem Umzug. Libri-Chef Eckhard Südmersen dazu, wie groß der Pool der beiden Unternehmen aktuell ist: "Physisch lagern in Bad Hersfeld 850.000 deutschsprachige und 150.000 internationale Titel, digital sind es über eine Million deutschsprachige und drei Millionen internationale Titel."

Der Nutzen für den Buchhandel: Nahezu alle Titel – auch Regionalia, Nischen-, Backlist- und internationale Titel – sind am nächsten Tag im Laden. "Zwischen Lager- und Print-on-Demand-Titel wird es keinen spürbaren Unterschied mehr geben", versprechen Libri und BoD.

Faktor 4: Internationalisierung 
Dazu passt die Internationalisierungsstrategie im Vertrieb, auf die beide Unternehmen setzen, vor allem BoD: Der Dienstleister ist europaweit bereits in acht Ländern aktiv (jeweils über nationale Partner) und seit 2011 an das weltumspannende Logistiknetz des US-Großhändlers Ingram angeschlossen – laut Robertz profitieren davon insbesondere die Verlagskunden (aktuell sind es insgesamt 2.500). 

Verfügbarkeit soll Umsatz schaffen

Dass Libri und BoD miteinander kooperieren, daran hat sich die Branche gewöhnt – beide Unternehmen agieren im Firmenverbund. Produktion und Logistik jetzt an einem Standort  zusammenzulegen, ist im Grunde nur logisch und wohl auch lange geplant: "Das war schon das große Fernziel beim Bau des Logistikzentrums in Bad Hersfeld", sagt Eckhard Südmersen, das ist jetzt fast 20 Jahre her. Und Südmersen sagt auch noch etwas anderes: Dass die Sortimentserweiterung (ab 2015) auf dem Weg dorthin eine Art Zwischenziel gewesen sei – ein Test, um zu sehen, ob sofortige Verfügbarkeit tatsächlich als Hebel für höhere Absatz- und Umsatzzahlen taugt. "Das tut sie", weiß Südmersen heute. "Unsere Annahmen wurden bestätigt."

Zu den Umsatzzielen, die sie an das neue Projekt knüpfen, sagen Südmersen und Robertz indessen nichts, auch nicht zu den Konditionen für Verlage. Fest steht aber, dass sie frühzeitig informieren wollen: Für September planen sie eine erste Roadshow durch Deutschland.    

Last, not least – ein Blick auf den Wettbewerb: Bei der KNV-Gruppe läuft seit 2011 ein ähnliches Projekt, zuerst am Standort Stuttgart, später dann im Logistikzentrum Erfurt (Eröffnung 2015) – in Kooperation mit Canon. Mehr dazu im Archiv: