Motivation im Unternehmen kultivieren

Drache und Prinzessin

18. Januar 2018
von Börsenblatt
Weil sich Bewerber heute vor allem wegen der Unternehmenskultur für einen Arbeitgeber entscheiden, sollten Chefs fortlaufend am "Spirit" der Firma arbeiten. Dabei helfen einfache, kontinuierliche Impulse mehr als große Konzepte.

Schon in wenigen Jahren werden die Generation Y und die Generation Z, also die ab 1980 beziehungsweise 1995 Geborenen, die Hälfte aller arbeitenden Menschen in Deutschland stellen. Höchste Zeit also für Unternehmen, sich mit ihrer Kultur an den Ansprüchen und Werten dieser jüngeren Arbeitnehmer zu orientieren.

Wo noch starre, hierarchische Strukturen und tradierte Arbeitsmethoden herrschen, muss ein frischer Wind her. Im Wettbewerb um Mitarbeiter punkten Unternehmen heute weniger mit Bezahlung oder Aufstiegsaussichten – attraktiv werden sie für Bewerber, wenn sie eine motivierende Unternehmenskultur vorleben, wenn sie Flexibilität und Freiräume genauso wie fortlaufende Wertschätzung anbieten und die Arbeit letztlich Sinn stiftet.

Wie das gelingen kann, beschreiben Ines Eulzer und Thomas Pütter in ihrem Buch "Denk neu: 21½ pragmatische Impulse wie Unternehmen auf Kurs bleiben" (BusinessVillage, 268 S., 24,95 Euro). Schon der Untertitel verrät, dass es den Autoren weniger um die großen Leitlinien geht, in denen sich viele Unternehmenslenker gern verzetteln, sondern um kleine, leicht umsetzbare "Wirkungshebel von Führung", die bei Mitarbeitern "produktive Energie" freisetzen. Nur mit solchen lenkenden und kontinuierlichen Impulsen "lassen sich positive Entwicklungen erreichen und Veränderungsprozesse erfolgreich gestalten".

Immer wieder ist die Rede vom Unternehmens-"Spirit", vom Motivationsfunken, der jeden Tag aufs Neue von den Führungskräften auf einzelne Mitarbeiter überspringen muss, die ihn dann in der ganzen Belegschaft weitertragen. "Wer morgen vorne mitspielen will, braucht einen Führungskader, der aus Menschen besteht, mit denen man gern zusammenarbeiten möchte, und der Werte ernst nimmt", so die Autoren.

Im Werkzeugkasten des Zwischenmenschlichen muss dabei gar nicht jeder Stellschraubenzieher neu sein. Auch Pütter und Elzer bedienen sich als Berater immer wieder bekannter Führungs-Tools, die aber in der Summe eine spürbare Veränderung bringen sollen. Ein Punkt ist zum Beispiel, Verantwortungs­bereiche klar zu definieren. Außerdem sollten Chefs oder Abteilungsleiter mit Widerstand professionell umgehen und stets klar mit jedem einzelnen Mitarbeiter kommunizieren, sowohl bei den Erwartungen an anstehende Aufgaben als auch beim späteren Abgleich mit der tatsächlichen Leistung. Gerade die Generation Z möchte angeleitet und bestätigt werden, wissen die Autoren, auch wenn es manchmal nicht so recht zusammenpasst mit dem Wunsch nach Freiräumen und Flexibilität.

Das gute alte Mitarbeitergespräch, von vielen Unternehmen als nutzlose Zeitverschwendung betrachtet, erfährt bei Pütter und Eulzer eine Renaissance. Sie deuten es um zu einer Art "Wartungsvertrag" für Mitarbeiter. Denn genauso wie Bürogeräte, müssten Menschen immer wieder gecheckt werden. Die regelmäßigen Feedback-Termine geben der Belegschaft die Perspektive, ihre Anliegen in einem geschützten Rahmen ansprechen zu können, sofern es im Arbeitsalltag einmal nicht möglich ist oder sich Mitarbeiter generell davor scheuen.

Leider verlieren sich Pütter und Eulzer entlang ihrer "21½ Impulse" oft in zu vielen Methoden-Auflistungen und Unterschritten, was die Gliederung des Buchs chaotisch wirken lässt. Ganz bei der Sache ist man meist wieder, sobald sie konkrete Spiele und Metaphern einfließen lassen, wie jene mit dem Wartungsvertrag für Mitarbeiter. Bei der "Jahreszielplantagung" zum Beispiel arbeiten die Autoren gern mit dem "Drachen" und der "Prinzessin". Der Drache steht für ernsthafte Risiken oder Bedrohungen für das Unternehmen, die Prinzessin für das Wunsch- beziehungsweise Traumziel, das man gemeinsam erreichen will. Auf diese Weise formuliert, wird es für alle eingängig und jeder kann sich daran orientieren. Manchmal kann Mitarbeiterbegeis­terung und inspirierendes Führen so einfach sein.