Kaum erschienen, entwickelte sich "Die Geschichte der Bienen" von Maja Lunde zum Bestseller. Ihr erster Gedanke, als Übersetzerin?
Mit diesem schnellen Erfolg hatte ich nicht gerechnet – zumindest in Deutschland war Maja Lunde zuvor ja völlig unbekannt.
Der Roman hat sich seit seinem Erscheinen im März rund 350.000 mal verkauft. Welchen Anteil haben Sie an diesem Erfolg?
Da bin ich vorsichtig – es sind ja auch schon schlecht übersetzte Bücher zum Bestseller geworden. Ich betrachte mich eher als Interpretin eines schon vorhandenen Werks, und diese Aufgabe auszufüllen erfordert sicher Kreativität. Aber die eigentliche Komposition und die Idee dahinter: Das war natürlich die Autorin.
Wie geht es für Sie jetzt weiter?
Den zweiten Roman von Maja Lunde, "Die Geschichte des Wassers", habe ich bereits übersetzt, alles weitere muss man sehen. Unabhängig davon: Ich habe noch nie erlebt, dass mich so viele unterschiedliche Menschen auf ein Buch ansprechen. Übersetzerkollegen und Lektoren tun das, eine Physiotherapeutin, Freunde und Verwandte, Leute aus dem Sportverein. Diese Begeisterung berührt mich: Es ist sehr schön, als Übersetzerin bemerkt zu werden, zu sehen, dass die eigene Leistung derart wahrgenommen wird.
Wird es künftig vielleicht auch einfacher, höhere Honorare auszuhandeln?
Dank unseres Übersetzerverbands VdÜ gibt es ja eine durch den BGH bestätigte angemessene Beteiligung, an die sich leider noch nicht alle Verlage halten. Aber ein erfolgreiches Buch ist sicher eine gute Grundlage, um selbstbewusster zu verhandeln.
Ist es Ihr erster Bestseller?
Nein, aber es ist der erste, der kein Krimi ist. Es standen auch schon Romane des schwedischen Duos Hjorth – Rosenfeld, die ich übersetzt habe, in den Charts.
Was macht das Buch für Sie besonders?
Das Buch ist aus Perspektive der skandinavischen Literatur betrachtet sehr untypisch – im Mittelpunkt stehen meist sehr private Themen wie Familie oder persönliche Tragödien, nur selten schauen Autoren über den Tellerrand. Ich habe immer auf ein globaleres Thema gewartet: Darauf, dass die Literatur auf das reagiert, was um sie herum passiert, auf den Klimawandel zum Beispiel oder die Flüchtlingskatastrophe. Maja Lunde tut das, und sie tut das, wie ich finde, auf beeindruckende Weise: Sie verbindet ein Thema von globaler Bedeutung, das alle angeht, mit persönlichen Schicksalen.
Empfanden Sie es als schwierig, die Sprache von Maja Lunde ins Deutsche zu übertragen?
Schwierig wird Übersetzen für mich immer dann, wenn mich ein Text aus sich heraus nicht überzeugt. Das war bei Maja Lunde anders: Beim ersten Lesen habe ich das Buch verschlungen, es ist unglaublich flüssig geschrieben. Die größte Schwierigkeit beim Übersetzen selbst war dann bloß noch die Tatsache, dass sie in ihrem Roman drei Stimmen zu Wort kommen lässt und diese auch sehr fein ausgearbeitet hat. Jeder Charakter im Buch hat einen sehr eigenen Ton.
Wie lange haben Sie daran gearbeitet, diesen Ton zu treffen?
Etwa fünf Monate. Ich habe das Buch schon ein Jahr vor seinem Erscheinen übersetzt und hatte auch viel Zeit, was für einen Bestseller sehr ungewöhnlich ist.
Hatten Sie schon Gelegenheit, Maja Lunde kennenzulernen?
Zufällig, ja. Bevor ich ihr Buch übersetzte, traf ich sie in Lillehammer auf dem Literaturfestival – plötzlich saßen wir gemeinsam an einem Tisch. Durch die Übersetzung blieb ich dann mit ihr in Kontakt. Wir sehen uns jetzt häufiger mal, zum Beispiel bei ihren Lesungen in Deutschland. Sie ist so eine gewinnende Persönlichkeit. Es ist richtig ansteckend, sie zu sehen, wenn sie über ihre Bücher redet und über ihr Thema: die Klimaveränderungen und die Folgen.
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