Interview mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters

"Ich empfinde mich als eine von ihnen!"

2. November 2018
Redaktion Börsenblatt
Für die Buchhändler, die gerade mit dem Deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet wurden, gehört ein Foto mit Kulturstaatsministerin Monika Grütters zum Höhepunkt des Festabends. Börsenblatt-Redakteur Stefan Hauck hat die Ministerin gefragt, was ihr der Buchhandlungspreis und der unabhängige Buchhandel bedeutet. 

So freudig, wie die Buchhändler Sie empfangen haben, hat das schon Heimspielcharakter. Vorhin sagten einige Buchhändler: Die ist ja eine von uns …

 … und ich empfinde mich auch als eine von ihnen! Ich hab' ja nicht ohne Grund Literaturwissenschaften studiert und auch in einer Buchhandlung gearbeitet, bei Bouvier.

Wie kamen Sie gerade zu Bouvier?

Ich hatte vier Jahre an der Oper in Bonn gearbeitet und kannte von dort Thomas Grundmann und seine Buchhandlung Bouvier. Als er 1990 nach der Währungsunion einige Volksbuchhandlungen Ost in Berlin übernommen hatte, darunter auch „Das gute Buch“ am Berliner Alexanderplatz, durfte ich das Marketing übernehmen. Das waren allein 61 Veranstaltungen in 16 Monaten, wir haben Lesungen organisiert mit Armin Mueller-Stahl, Christoph Hein, Stefan Heym usw. Für den Auftritt mit Heym haben wir nachts lauter Klebeschritte auf den Boden geklebt: „auf dem Weg zum Guten Buch-Bouvier“.

Besonders laut war heute der Applaus, als Sie die Buchpreisbindung bekräftigt haben. Wie sehr spüren Sie den Gegenwind?

Es gibt ihn, aber ehrlich gesagt kann ich überhaupt nicht verstehen, warum die Monopolkommission ohne Not ein Fragezeichen hinter die Buchpreisbindung macht. Es ist doch evident, dass durch den festen Preis und der damit möglichen Mischkalkulation der Verlage auch die inhaltliche Vielfalt an Büchern garantiert, die in Deutschland so einzigartig ist! Dass man die Buchproduktion und den Buchhandel nur aus rein marktwirtschaftlicher Perspektive betrachtet und den gesamtgesellschaftlichen Nutzen völlig ausblendet – das ist doch unverantwortlich. Zum Glück ist das Bundeswirtschaftsministerium da auf meiner Seite und sieht, wie über die Preisbindung und die literarische Vielfalt auch die Debattenkultur in unserer Demokratie gefestigt wird.

Verdeutlichen in diesem Sinne die drei besten Buchhandlungen die politische Dimension dieses Preises?

Ich war zwar nicht in der Jury, aber es freut mich, dass es gerade diese drei geworden sind – weil sie ein gesellschaftspolitisches Gewicht haben. Klaus Bittner ist in Köln eine Größe, er äußert sich öffentlich, bewegt etwas, und er hat eine Haltung, die sich auch in seinem Sortiment ausdrückt. Bei Krumulus in Berlin bin ich selbst Kundin, ich sehe, wie sich die Buchhändlerinnen für Kinder und Jugendliche engagieren. Kinderbuchhandlungen kann man gar nicht hoch genug schätzen, weil hier mit der frühen Vermittlung von Literatur ja Grundlagen für ein offenes Denken gelegt werden. Das ist ja auch wunderbare Leseförderung. Und Klaus Kowalke in Chemnitz – das ist einfach mutig, wie er sich für den offenen Umgang miteinander äußert, dass er sich das freie Wort nicht verbieten lässt. Der Deutsche Buchhandlungspreis hat ja auch einen immateriellen Wert: Er ermutigt an dieser Stelle zum Diskurs, zur Bereitschaft, als mündige Bürger zu handeln.

Sie hatten vorhin einen weiteren Preis für Verlage angekündigt. Wie weit sind die Vorbereitungen dafür gediehen?

Ziemlich weit. Das Konzept ist fertig, er soll nächstes Jahr starten und ist ähnlich wie der Buchhandlungspreis zur Unterstützung der Unabhängigen gedacht. Auch hier gilt: Wir verstehen ihn als Ermutigung, wir wollen die kleineren inhabergeführten Verlage sichtbar machen und die Aufmerksamkeit schärfen für ihren wichtigen Beitrag zur kulturellen Vielfalt in unserem Land. Dieser Preis ist zugleich eine öffentliche Kampfansage: Mit ihm wenden wir uns gegen die Degradierung des Kulturguts Buch zur bloßen Handelsware.