Erfolg durch Beharrlichkeit und Flexibilität

Der Besessene

1. Februar 2018
von Börsenblatt
Wladimir Klitschko hat im Boxen alles erreicht und sich frühzeitig um die "Karriere nach der Karriere" gekümmert. Als Geschäftsmann überträgt er die Erfolgsprinzipien des Sports auf die Arbeitswelt.

Ein Problem, das hat der junge Wladimir Klitschko frühzeitig gelernt, ist nichts anderes als eine Herausforderung. Man muss es mit der richtigen inneren Haltung angehen und "aus etwas Passivem etwas Aktives gestalten".

Alles fängt damit an, wie er als Kind erst seine Mutter und dann den Direktor überzeugt, ein Jahr früher eingeschult zu werden und damit endlich zu den Großen zu gehören. "Ich habe gelernt: Egal, wie alt oder jung ich war – es lohnt sich immer, sich für Ziele einzusetzen, die wichtig sind", schreibt Klitschko (zusammen mit Stefanie Bilen) in "Challenge ­Management: Was Sie als Manager vom Spitzensportler ­lernen können" (Campus, 214 S., 24,95 Euro). Von dieser Mentalität wird er nie mehr abrücken. Er nennt es Besessenheit. Besessenheit ist für ihn – anders als in der Sprache seiner Wahlheimat Deutschland – ein durch und durch positiver Begriff. "Nach meinem Verständnis bedeutet Besessenheit nur eins: bedingungslose und vollkommene Liebe." Speziell gegen Ende seiner Boxerkarriere habe er sich mit eben jener Besessenheit auf seine Kämpfe vorbereitet.

Klitschko sucht eine Herausforderung nach der nächsten. Stellt sich ihm auf seinem Weg etwas entgegen, stachelt ihn das nur noch mehr an, an seinem Ziel festzuhalten. "Ich bin davon überzeugt, dass diese Art zu leben viele von uns zu erfolgreicheren und glücklicheren Menschen macht. Weil es immens befriedigend ist, nach etwas zu streben."

Nach über 20 Jahren im Ring überträgt Klitschko seine Fähigkeiten als Spitzensportler nun auf die Wirtschaft. Noch während seiner aktiven Karriere hat er sich Gedanken über die "Zeit danach" gemacht. Ein Schritt, an dem viele berühmte Athleten gescheitert sind. Als Grundlage dienen ihm mentale Stärke und körperliche Kraft – oder anders gesagt: Ausdauer, Beweglichkeit, Koordination und Konzentration. Er nennt sie seine Eckpfeiler, die ihn bis heute stützen. Leicht abgewandelt aufs Business sind dies: Durchhaltevermögen, Flexibilität, Organisation und Fokussierung.

Im Buch vermittelt Klitschko "zwölf Wege", um Herausforderungen zu meistern, die einem Unternehmer täglich begegnen. Zum Beispiel "Coopetition": Er weiß, dass Wettbewerber auch mal zusammenarbeiten und voneinander profitieren können, ja müssen, etwa wenn es darum geht, Ressourcen zu sparen oder Know-how zu teilen. Zugleich, so eine andere Empfehlung, sollte man stets die Schwächen und Stärken des »Gegners« kennen und nutzen.

Seine Erfahrungen, Ratschläge und Visionen teilt der Ex-Weltmeister auf anschauliche, eingängige Weise. Am Ende der einzelnen Kapitel bringt er jeweils auf den Punkt, worum es ihm geht – etwa um Einfachheit, Nachhaltigkeit. Um Expertise und langfristige Ziele statt um kurzfristige Erfolge und Imageeffekte.

Im dritten Teil des Buchs bereichern Beiträge von bekannten Wirtschaftsakteuren Klitschkos zwölf Wege mit konkreten Erfahrungen. Experten wie Frank Dopheide vom "Handelsblatt" oder Werbe-Ikone Jean-Remy von Matt erklären, wie sie Challenge Management in der Praxis anwenden. Dadurch entsteht ein vielschichtiger Blick in unterschiedliche Branchen.

Natürlich gibt es auch Nieder­lagen im Leben Wladimir Klitschkos. Eine seiner größten, der Kampf gegen Anthony Joshua im April 2017, beendet sein ers­tes Leben als Boxer. "Es mag merkwürdig klingen", schreibt Klitschko. "Ich habe den Kampf nicht gewonnen und den Ring trotzdem als Sieger verlassen. Ich habe meinen größten Gegner besiegt: mich selbst." Seither stehe für ihn fest: "Erfolg ist nicht unbedingt das Erreichen eines vorher festgelegten Ziels. Es ist vielmehr das Erreichen des bestmöglichen Ergebnisses – und manchmal lässt sich vorher nicht einmal erahnen, welches Ergebnis das bestmögliche sein könnte."