Einzelhandel im 1. Halbjahr 2017

In den Metropolen sinken die Spitzenmieten

31. Juli 2017
von Börsenblatt
In den Großstädten knirscht es, doch insgesamt scheint sich der Vermietungsmarkt für Einzelhandelsimmobilien wieder zu fangen: Im ersten Halbjahr wurden nach Zählung von Jones Lang LaSalle bundesweit 533 Verträge neu abgeschlossen – 25 mehr als im Vorjahreszeitraum. Das Barometer bei den Spitzenmieten zieht leicht nach unten. 

Insgesamt sind zwischen Januar und Juni 2017 246.900 Quadratmeter neu vermietet worden. Allerdings spielen die sogenannten Big10, also die zehn größten Einkaufsmetropolen des Landes, eine immer kleinere Rolle. Immobilienspezialist Jones Lang LaSalle (JLL) zufolge sank ihr Anteil am Gesamtvermietungsvolumen im Jahresvergleich von fast 35 Prozent auf 23 Prozent – das sei "der niedrigste Wert der vergangenen fünf Jahre", so das Unternehmen in seiner Halbjahresbilanz. 

Dirk Wichner, JLL: "In den Metropolen sind die Mieten deutlich stärker gestiegen als die Umsätze"

Dafür holen allerdings die Mittelstädte weiter auf, Standorte wie Münster, Bielefeld, Wiesbaden oder Gießen. Die Standorte jenseits der Big 10 seien schon seit geraumer Zeit im Fokus der Expansionsmanager, erklärt Dirk Wichner, Head of Retail Leasing JLL Germany. "Das hängt damit zusammen, dass in den 1A Lagen der Big 10 die Mieten in den vergangenen Jahren deutlich stärker als die Umsätze gestiegen sind." Wer dort vertreten sei, müsse mittlerweile einen starken Druck auf die Marge aushalten – "und das wollen und können immer weniger". Wichners Prognose: "Neue Anmietungen sehen wir deshalb außerhalb der wirklich absoluten Prime-Lagen fast ausschließlich nur dort, wo die Vermieter sich bei den Vertragskonditionen flexibler zeigen. Doch aktuell ist dieses Verhalten noch die Ausnahme." 

Unter den Metropolen lieferten sich laut JLL Berlin und Hamburg ein Kopf-an-Kopf-Rennen, Stuttgart und Köln folgen mit Abstand. Für alle anderen Big10-Städte gilt: Sie liegen deutlich unter ihren 5-Jahres-Schnitten, vor allem München, Düsseldorf und Frankfurt. Was in der Halbjahresbilanz 2017 noch auffällt: 

  • Investoren konzentrieren sich auf Städte in kaufstarken Regionen mit hoher Zentralitätsziffer, die aber ein niedrigeres Mietniveau aufweisen – im Vergleich zu den zehn Metropolen. "Eine attraktive Mischung aus Geschäften und Gastronomie, die für Genuss, Erlebnis und Aufenthaltsqualität sorgt, ist für viele Städte das Rezept für nachhaltigen Erfolg", sagt Wichner. 
  • Nach oben ging es seit Jahresbeginn vor allem den Bereich Gesundheit/Beauty, der seinen Flächenanteil von 13 Prozent auf 19 Prozent an den Vermietungen steigerte und erstmals Rang zwei unter den flächenumsatzstärksten Branchen erreichte. Eine der Ursachen: Die Drogeriemarktketten Müller und Rossmann waren mit großflächigen Anmietungen aktiv.    
  • Der Aufsteiger der vergangenen Jahre, die Gastronomie, musste mit 18 Prozent einen Dämpfer hinnehmen (zuletzt konstant bei bis zu 24 Prozent). 
  • Der traditionelle Branchenspitzenreiter Textilien fiel mit 29 Prozent unter die historische 30-Prozent-Marke zurück.

  • Welchen Anteil der Buchhandel an den Neuvermietungen hatte, weist JLL in seiner Statistik nicht aus − das Segment wird mit dem Bereich Schreibwaren zusammengefasst. Sie kommen auf 2 Prozent.   
  • Leichte Rückgänge verbuchen derweil die Spitzenmieten: In den Big 10 sanken sie im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 0,9 Prozent. Abgekühlt hat sich das Klima dabei besonders in Berlin: Hier ging es um 6,0 Prozent nach unten.  
  • Im Durchschnitt aller deutschlandweit untersuchten 185 Einzelhandelsmärkte stellte JLL einen Rückgang der Spitzenmiete von 1,8 Prozent fest. 
  • Hier und da verlangen Vermieter jedoch auch mehr als im ersten Halbjahr 2016. Dieses Ranking führt Bonn an: Der Spitzenwert legte um 15 Euro auf aktuell 125 Euro pro Quadratmeter und Monat zu. 

Gefragt waren im ersten Halbjahr erneut vor allem kleinere Flächen, und das unabhängig vom Standort (Großstadt, Mittelstadt etc.).

  • 13 Prozent der neuen Verträge galten Flächen ab 1.000 Quadratmeter;
  • 13 Prozent der Deals entfielen auf Flächen von 500 bis 1.000 Quadratmeter,
  • 16 Prozent auf Flächen zwischen 250 und 500 Quadratmeter,
  • 31 Prozent auf Flächen zwischen 100 und 250 Quadratmeter,
  • 26 Prozent auf Flächen unter 100 Quadratmetern.