Buchhändlerin Monika Trapp über Fantasy-Leser

Familientreffen

16. November 2017
von Börsenblatt
Welche Leser begeistern sich für Fantasy? Monika Trapp kennt diese Zielgruppe bestens – als Kunden in ihrer Buchhandlung und als Besucher ihres Fantasy-Festivals.

Im parkähnlichen Garten unserer Buchhandlung in der Villa Herrmann organisieren Hans J. Jansen und ich ein Literarisches Fantasy-Festival: In einer Sommernacht lesen von 19 Uhr bis Mitternacht sieben deutschsprachige Autoren aus ihren Büchern, ein Schauspieler interpretiert eine Übersetzung aus dem meist englischsprachigen Raum. 400 bis 600 Fans reisen jährlich aus allen Himmelsrichtungen ins südhessische Gins­heim-Gustavsburg, kommen aus Hamburg, Berlin, München, Köln und der näheren Umgebung. Sie wollen "ihre" Autoren treffen, wollen zuhörend in Anderswelten entführt werden, wollen andere Fantasy-Fans kennenlernen: "Es ist wie ein Familientreffen", hat es Nina Blazon beschrieben, "nur ohne Streit."

In der Tat genießen drei Generationen, ganze Familien und Freundesgruppen die Nacht gemeinsam. Die Jüngsten sind acht Jahre alt, die Ältesten im Rentenalter, und so achten wir bei der Auswahl der Texte darauf, dass alle ihr Vergnügen haben: Sonja Kaiblinger oder Franziska Gehm sprechen die Jüngeren an, Mechthild Gläser und Isabel Abedi eher Jugendliche, Jens Schumacher begeistert alle mit seinem schwarzen Humor. Wenn die jüngeren Fans in ihre Schlafsäcke eingekuschelt eingeschlafen sind, dann darf es gruseliger werden.

Unsere Fantasy-Leser sind treu: Familie B. kommt aus dem Sauerland – von Anfang an. Die Söhne sind inzwischen erwachsen und die Eltern hoffen, dass ihre Enkelkinder das Festival bald erleben werden. Familie K. aus Stuttgart hat Stammplätze rechts vorne vor der Bühne, das Ehepaar M. aus Fulda hat beim 10. Literarischen Fantasy-Festival seinen 10. Hochzeitstag gefeiert – und bis heute kein Jahr gefehlt. Für zwei Fans aus Dresden habe ich einmal nachts noch ein Hotelzimmer besorgt, weil deren Zelt zusammengebrochen war. Angela P. war ganz jung, als sie zum ersten Mal mit ihrem großen Bruder und dessen Clique zum Festival durfte; heute berichtet sie darüber als Nachwuchs-Reporterin für die Lokalpresse. Britta, inzwischen 30, feiert regelmäßig ihren Geburtstag beim Festival.

Doch auch immer wieder finden neue Leser und Zuhörer den Weg zur Open-Air-Bühne und in den – durch unauffällige Lichttechnik im alten Baumbestand – wie verzaubert wirkenden Garten. Trotz der vielen Menschen ist es ganz leise, Kinder, Jugendliche und Erwachsene lauschen mit geschlossenen Augen, ihre Gesichter sind ganz entspannt. Denn das Zuhören ist das Wichtigste bei dem Lesefest, das Hans J. Jansen und ich seit 15 Jahren von der Planung, Durchführung, Technik bis zur Finanzierung selber verantworten. 

Ein Blick ins Autorenzimmer in der Buchhandlung macht klar, warum immer wieder neue Autoren gerne kommen: Sie treffen ihre Schriftstellerkollegen, tauschen sich aus, führen ruhige Gespräche mit ihren Lesern. Nicht nur Wolfgang Hohlbein genießt das: "Es ist das einzige Fantasy-Festival, bei dem es wirklich um die Literatur geht." Selbst schüchterne Menschen wie der 16-jährige Kai blühen auf und strahlen: "Jetzt habe ich von allen eine Unterschrift in meinen Büchern."

Natürlich kommen die Besucher aus der Region auch übers Jahr in unsere Buchhandlung. Sie fragen nach den Titeln der Autoren, die sie kennengelernt haben, sind jedoch offen für Empfehlungen – gleich ob phantastisch oder realistisch verortet. Für diese Zielgruppe müssen die Bücher originell und spannend erzählt sein; Kinder mögen Abenteuerliches und Lus­tiges, Jugendliche eher Romane, in denen die Helden sich im Leben beweisen müssen, Erwachsene suchen die literarischen Titel. Wir bieten 90 Veranstaltungen im Jahr an – das gehört zu unserem Konzept: Uns geht es immer darum, Leser und Autoren zusammenzubringen.