Auftakt der Buchtage

Schulterschluss für Can Dündar und Erdem Gül

23. Juni 2016
Redaktion Börsenblatt
Mit einer Solidaritätsaktion für die türkischen Journalisten Can Dündar und Erdem Gül wurden soeben die Buchtage in Leipzig eröffnet. Die deutsche Buchbranche trifft sich am 23. und 24. Juni im Leipziger Haus des Buches. Das Motto der Jahrestagung lautet: "Das Wort und sein Wert".

"Der Wert des Wortes bemisst sich nicht nur daran, was dafür gezahlt wird, sondern vor allem an seinem Inhalt und an der Wirkung des Formulierten. Das Credo der Buchbranche lässt sich vor diesem Hintergrund in einfachen Worten zusammenfassen: Worte wirken, und Bücher bewegen Ideen. Es lässt keinen Zweifel am Wert der Worte“, sagte Heinrich Riethmüller heute zum Auftakt. Doch der Wert bemesse sich eben auch daran, was für das Wort gezahlt wird. Und hier werde ein Problem sichtbar. "In der öffentlichen Debatte wird das Urheberrecht als Verbraucherrecht, nicht als Eigentumsrecht verstanden. Doch wer das Urheberrecht rein als Verbraucherrecht definiert, der verkennt: Ohne Lohn – keine Leistung, ohne Leistung – keine Worte. Und ohne Worte? Ein Verbraucher auf der Suche nach Inhalt", so Riethmüller.

Postkartenaktion für Can Dündar und Erdem Gül

Welche Bedeutung Worte haben können, wird dann besonders deutlich, wenn ihre Publikation bewusst eingeschränkt wird. Vor den rund 300 Gästen startete Riethmüller die gemeinsame Solidaritätsaktion von Börsenverein und PEN-Zentrum Deutschland für die beiden türkischen Journalisten Can Dündar und Erdem Gül. Rund um die Buchtage werden Postkarten an den türkischen Botschafter in Berlin versendet mit dem vorgedruckten Karten-Text: "Sehr geehrter Herr Botschafter! Journalismus ist kein Verbrechen (#GazetecilikSucDegildir)! Ich fordere Freiheit für Can Dündar und Erdem Gül!"

"Kritische Berichterstattung, Dokumentation und generell die Ausübung der Meinungsfreiheit von Journalisten und Autoren sind die Grundlage eines jeden freien Landes, das muss auch für die Türkei gelten. Sonst entfernt sich das Land immer stärker aus dem Kreis freiheitlicher Gesellschaften", sagt Heinrich Riethmüller. Das sei Anfang dieser Woche wieder deutlich geworden. Wegen "Terrorpropaganda" wurde in der Türkei gegen Erol Önderoglu (Türkeiexperte von "Reporter ohne Grenzen"), Sebnem Korur Fincani (Vorsitzende der Türkischen Menschenrechtsstiftung) und den Journalisten Ahmet Aziz Nesin Haftbefehl erlassen.

"In den Verfahren gegen Can Dündar und Erdem Gül entscheidet sich, wie es um die Presse- und Meinungsfreiheit, aber auch um die Unabhängigkeit der Justiz in der Türkei wirklich bestellt ist. Wir erwarten und fordern, dass unsere beiden Ehrenmitglieder bedingungslos freigesprochen werden", begründet Sascha Feuchert, PEN-Vizepräsident und Writers-in-Prison-Beauftragter die gemeinsame Aktion.

Der türkische Journalist, Dokumentarfilmer und Buchautor Can Dündar ist Chefredakteur der überregionalen Tageszeitung "Cumhuriyet", sein Kollege, der Journalist Erdem Gül, leitet das Hauptstadtbüro. Die beiden wurden im Mai 2016 wegen Veröffentlichung geheimer Dokumente verurteilt, Gül zu fünf Jahren Haft, Dündar zu fünf Jahren und zehn Monaten. Hintergrund für die Anklage bildete ein Bericht der Cumhuriyet im Jahr 2015 über Waffenlieferungen der Türkei an syrische Extremisten.