Arbeitsbericht 2017 der Preisbindungstreuhänder

"Anlass zur Sorge"

4. September 2017
von Börsenblatt
Rabattaktionen, irreführende Werbung, falsche Mängelexemplare und mehr: Die Preisbindungstreuhänder Dieter Wallenfels und Christian Russ weisen in ihrem aktuellen Arbeitsbericht auf eine Vielzahl aktueller Probleme hin; "Anlass zur Sorge" gäben teilweise aktuelle Gerichtsurteile.

Die Buchpreisbindung bleibe auch weiterhin ein stabiles Fundament der Branche, "allerdings bei zuletzt anwachsendem Gegenwind", stellen die Rechtsanwälte Wallenfels und Russ fest. Während von Seiten der Politik Unterstützung im Rahmen der jüngsten Gesetzesnovellierung gekommen sei, gäben die Urteile zur Preisbindung bei Arzneimitteln (EuGH) und zu den Affiliate-Programmen (BGH) sowie Äußerungen aus Kreisen der Monopolkommission "Anlass zur Sorge". "Die Branche ist daher aus unserer Sicht gut beraten, alles zu unterlassen, was zu einer Erosion der Preisbindung beitragen könnte", warnen die Treuhänder: "Dazu gehören Provisionszahlungen von 10 Prozent und mehr an Jedermann im Rahmen von Affiliate-Programmen, dazu gehört das durchorganisierte Beschädigen preisgebundener Bücher zur massenhaften Herstellung vorgeblicher Mängelexemplare, dazu gehört die Aufforderung zur Zahlung pauschaler Summen an eine Buchhandelskette ohne jede Rechtsgrundlage." Wallenfels und Russ erinnern an die mahnenden Worte von Bundestagspräsident Norbert Lammert bei den Buchhändlertagen 2006: "Die Buchpreisbindung ist nicht von der Politik bedroht, sondern von der Branche. Und wenn sie nicht Bestand haben sollte, suchen Sie die Ursachen in den eigenen Reihen."

Wenn Bücher mit Hammer und Meißel bearbeitet werden

In ihrem Arbeitsbericht gehen die Rechtsanwälte auf die Preisbindung schützende Gesetzesänderungen (Preisbindung für E-Books sowie grenzüberschreitende Preisbindung bei Verkäufen nach Deutschland) ein, das angekündigte Gutachten der Monopolkommission und die Richtlinie zum Geoblocking. Dezidiert wenden sie sich gegen irreführende Werbung mit „nur EUR ....“-Preisen: Hier könnte der Verbraucher nicht nur von einem per se als günstig beworbenen Preis ausgehen, sondern auch von einem Buchpreis unterhalb dem der Wettbewerber (OLG Nürnberg, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - Az. 3 W2329/15). Weiterhin weisen sie auf das Problem der Überproduktionen hin: Wenn "mangelfreie Bücher mit Hämmern, Meißeln oder anderen Grobinstrumenten bearbeitet [werden], damit Kratzer, Kerben und Druckstellen entstehen" und das so bearbeitete Buch dann als „Mängelexemplar“ gestempelt wird, "handelt es sich um eine klare Umgehung der Buchpreisbindung". Wer eine solche grundlose „Mängelung“ vornimmt, "haftet zunächst selbst nach den deliktsrechtlichen Teilnahmeregelungen, weil er Buchhändler zum Gesetzesverstoß anstiftet. Kauft ein Buchhändler solche wettbewerbswidrig gemängelten Bücher auf und bietet sie geschäfts- oder gewerbsmäßig an bzw. verkauft sie weiter, verstößt er gegen die von ihm zu beachtende Buchpreisbindung" (OLG Frankfurt/M., Urteil vom 27.7.2005, Az. 11 U 8/05, GRUR 2005, 965, 967). Die Preisbindungstreuhänder werden Fälle dieser Art gerichtlich verfolgen, um die Problematik verstärkt ins Bewusstsein der Händler zu bringen.

Neben der Beratung buchhändlerischer Unternehmen aller Sparten in Preisbindungsfragen sind die Treuhänder auch bei der effektiven Überwachung der Einhaltung der Preisbindung sowie der Unterbindung von Verstößen tätig geworden.