"Weder Deutschland noch Frankreich werden einem Abkommen zustimmen, in dem die gewachsenen Strukturen und die kulturelle Vielfalt in Europa in Frage gestellt werden – und dazu gehört auch die Buchpreisbindung," unterstrich Gabriel.
Vorher hatte Vorsteher Heinrich Riethmüller noch einmal deutlich gemacht, es gebe bislang keine verbindliche Zusage der EU-Kommission, dass über die Preisbindung nicht verhandelt werde. Gabriel konterte augenzwinkernd: "Seien wir ehrlich – eigentlich haben Sie mich nur deshalb eingeladen."
Er schrieb den Buchhändlern und Verlegern ins Stammbuch, sich auf ihre aufklärerischen Wurzeln zu besinnen und nicht so ängstlich zu sein: "Sie machen sich manchmal so klein, dass einem die Haare zu Berge stehen", so Gabriel: "Wie oft müssen wir Ihnen noch sagen, dass die Preisbindung nicht gefährdet ist." Der Börsenverein sei Träger von Aufklärung: "Vermitteln Sie nicht immer den Eindruck, man müsse Politik erleiden."
Es gehe nicht um die Frage, ob es ein Freihandelsabkommen gebe, sondern wer es schließe, sagte der Vizekanzler. "Schaffen wir es nicht, ein solches Abkommen mit den USA zu vereinbaren, werden es andere tun. Und dann müssen wir uns daran anpassen." Eine pauschale Ausnahme für die Kultur, wie sie von vielen Verbänden gefordert wird, hält Gabriel im Freihandelsabkommen "für wenig sinnvoll", weil die EU 28 Mitgliedsstaaten mit ganz unterschiedlichen Kulturbegriffen habe.
Alexander Skipis, Hauptgeschäftsführer des Börsenvereins, erläuterte nach der Rede von Sigmar Gabriel in seinem Jahresbericht vor den Mitgliedern noch einmal, warum der Verband trotz der Versicherungen aus Berlin Sorge um die Buchpreisbindung habe. Die Gefahr liege darin, dass die Preisbindung von den USA als expliziter Verhandlungsgegenstand in die Verhandlungen eingebracht werden könnte. Seine Befürchtungen in Sachen Freihandelsabkommen hat der Börsenverein in einem Brief auch Cecilia Malmström vorgetragen, der zuständigen EU-Kommissarin für Handel. Eine Antwort steht noch aus, sei aber angekündigt, wie Sigmar Gabriel den Börsenvereinsmitgliedern in Berlin versicherte.
Neben dem Thema TTIP ging der Bundeswirtschaftsminister in seinem Gastvortrag vor Buchhändlern und Verlegern auch auf das Urheberrecht und den Schutz des geistigen Eigentums ein. Die Prinzipien des gesellschaftlichen Zusammenlebens hätten nichts mit Technologie zu tun. Die Digitalisierung sei kein Grund, den Schutz des geistigen Eigentums in Frage zu stellen, so der Vizekanzler – "als Sozialdemokrat schon mal gar nicht. Es geht um den Wert der Arbeit, damit ist nicht nur die Arbeit an der Werkbank oder im Büro gemeint, sondern auch die künstlerische, geistige." Wer einer Umsonstkultur im Internet das Wort rede, sage letztlich den Kulturschaffenden im Land: "Eure Arbeit ist mir nichts wert."
Ein Interview mit dem Vizekanzler, vom Börsenblatt im Vorfeld der Buchtage geführt, lesen Sie hier.