Suhrkamp

Unseld-Berkéwicz hat das Spiel für sich entschieden

6. Juli 2015
von Börsenblatt
Das Bundesverfassungsgericht hat einen Antrag des Suhrkamp-­Minderheitsgesellschafters Medienholding auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt − damit kann der Suhrkamp Verlag in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden."Ob sich Barlach in die Rolle des Aktionärs fügt oder verkauft, bleibt abzuwarten", meint Börsenblatt-Redakteur Michael Roesler-Graichen.

"Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding", heißt es in Richard Strauss' "Rosenkavalier". Auf Zeit hatte Hans Barlach, Minderheitsgesellschafter von Suhrkamp, gesetzt, um seine Mitspracherechte, die durch eine Umwandlung des Verlags in eine Aktiengesellschaft beschnitten würden, vor Gericht zu verteidigen.

Doch je länger von beiden Seiten ohne erkennbaren Versöhnungswillen um den Verlag gerungen wurde, desto mehr lief ihm die Zeit davon. Nun scheint es so, dass "das sonderbar Ding" dem Rosenkrieger Barlach einen Strich durch die Rechnung gemacht hat. In der Begründung, mit der das Bundesverfassungsgericht einen Antrag der Medienholding auf einstweilige Anordnung abgelehnt hat, wird die "Verzögerung", die durch eine solche Maßnahme eintreten würde, als erhebliches Risiko für die Fortführung des Geschäftsbetriebs betrachtet. Wäre die Anordnung ergangen, so die Richter, hätte der Verlag ab 2015 seine Verbindlichkeiten nicht mehr begleichen können. Es hätte eine Zerschlagung des Verlags mit unabsehbaren Folgen für Verlag, Mitarbeiter, Gesellschafter und alle Geschäftspartner in der Buchbranche gedroht.

Das Risiko des Scheiterns erschien Karlsruhe aber gewichtiger als die Möglichkeit, dass Barlach durch die Umwandlung des Verlags in eine AG Mitspracherechte verliert oder seine Unternehmensanteile durch eine Kapitalerhöhung prozentual sinken.

Mit dem (unanfechtbaren) Karlsruher Spruch ist die Verfassungsbeschwerde der Medienholding als juris­tische Person zwar noch nicht abgeräumt – aber alles deutet darauf hin, dass Hans Barlach das Spiel verloren hat. Ob er sich nun in die Rolle des Aktionärs fügt oder an einen Verkauf seiner Anteile denkt, bleibt abzuwarten. Ulla Unseld-Berkéwicz hingegen dürfte die Entscheidung mit Genugtuung aufnehmen: Ihr Plan, den Verlag mit den geeigneten juristischen Mitteln aus der Kampfzone zu manövrieren, ist am Ende aufgegangen. Autoren, Buchhändler und Leser können aufatmen.