Logistikumfrage 2013

Auf halber Strecke

20. Juni 2013
Redaktion Börsenblatt
Die leidigen Remissionen, ein fehleranfälliges Bestellwesen, eine Rechnungsbündelung, die zu wenig genutzt wird: Die jüngste Logistikumfrage des Börsenvereins deckt Verbesserungspotenzial auf. Und wurde heute bei den Buchtagen Berlin in der Fachgruppenversammlung des Zwischenbuchhandels vorgestellt.

Was ist ein Angebot wert, wenn es nicht oder nicht ausreichend nachgefragt wird? Analysiert man diesen Sachverhalt für die Bündelungsbemühungen in der Buchbranche, sieht die Antwort folgendermaßen aus: Die Anstrengungen der Verlagsauslieferungen in Sachen Bestellbündelung fallen auf wenig fruchtbaren Boden − somit versandet viel Geld, das durch eine Senkung der Anzahl von Rechnungen und Sendungen eingespart werden könnte.

Das ist ein Befund der jüngsten Logistikumfrage des Börsenvereins, die der Ausschuss für den Zwischenbuchhandel durchgeführt hat. Elf Verlagsauslieferungen mit einem Umschlag von 2,385 Milliarden Euro (Nettoabgabepreise) haben sich an der Untersuchung beteiligt.

Zur Bündelung gibt es jedoch noch mehr zu sagen. Statt wie 2011 8,26 Exemplare, erschienen im Jahr 2012 im Schnitt nur 7,96 Exemplare pro Position auf einer Rechnung (siehe Grafik 2). Zudem sind mit einem Durchschnittswert von 51,36 Büchern weniger Exemplare pro Rechnung verzeichnet als im Vorjahr (51,68). Stefan Könemann, Vorsitzender des Ausschusses für den Zwischenbuchhandel, appelliert in diesem Punkt an die Sortimenter: "Hier sind die Buchhändler gefordert, ihr Bestellverhalten zu überprüfen." Und merkt an: "Systemimmanentes Verhalten wie Schnellschüsse oder viele Auslieferungstermine sorgen dafür, dass die Bemühungen seitens der Verlagsauslieferungen unterwandert werden."

 

Diese beliefern nach wie vor zu einem Gutteil den stationären Handel, obschon sich der Wert von 56,70 auf 55,85 Prozent um einen knappen Punkt abgesenkt hat (siehe Grafik 1). Auch beim Großhandel gab es einen leichten Rückgang auf 19,09 Prozent. Noch einmal angezogen hat hingegen der Umschlag des Online- und Versandhandels, der die Zehn-Prozent-Hürde überspringen und fast einen Prozentpunkt hinzugewinnen konnte. Die Direktlieferungen an Endabnehmer haben einmal mehr abgenommen, "vermutlich als Folge der Möglichkeiten des Onlineshoppings", sagt Könemann. Eine Verschiebung gab es auch im Export, der ebenfalls im zweistelligen Bereich lag: "Hier schlagen sich die Direktlieferungen in die Schweiz nieder", so die Einschätzung des Ausschuss-Vorsitzenden.

Die Remissionsquote, für alle Branchenteilnehmer ein leidiges und obendrein kostspieliges Thema, hat sich nur einen Hauch verbessert und bewegt sich nun bei 7,73 statt bei 7,79 Prozent. Mengenmäßig spiegelt sich dieser Rückgang kaum wider. Noch immer wurden 28,6 Millionen Exemplare mal eben so hin- und hergeschickt. Eine Remissionsquote von fast acht Prozent sei unter dem Gesichtspunkt der Rationalisierung katastrophal, meint denn auch Könemann. Bedauerlicherweise zeige sich kein positiver Effekt der Überzeugungsarbeit, die Auslieferungen, Unternehmensberater und die AG PRO des Börsenvereins (PRO = Prozesse, Rationalisierung, Organisation) geleistet hätten.

Eine kaum sichtbare Veränderung zeigte der Lagerumschlag. Die Kennzahl hat von 1,26 auf 1,20 leicht nachgegeben. Eine Trendumkehr erfolgte dagegen bei den berechneten / unberechneten Exemplaren, die unter anderem Rezensions- und klassische Freiexemplare enthalten: Demzufolge verschob sich die Entwicklung hin zu den unberechneten Exemplaren − 2011 wurden circa sechs Prozent der Bücher kostenfrei abgegeben, 2012 waren es knapp acht Prozent.

Bei den EDV-Bestellungen ist zum Leidwesen der Zwischenbuchhändler nahezu alles beim Alten geblieben. Zwar werden gut drei Viertel der Orders elektronisch übermittelt, nach Ansicht der Lieferanten ist das aber noch lange nicht genug. Könemanns Fazit: "Der Fehler vermeidende und effiziente elektronische Bestellweg wurde leider nicht weiter ausgebaut." Dazu passe, dass sich die kostenintensiven, manuellen Ordermöglichkeiten wie Reisebestellformulare, Fax oder Telefon größerer Beliebtheit erfreut hätten als im Jahr zuvor (siehe Grafik 3). "Und das, obwohl der klassische Papierweg weder rationell noch fehlerarm ist."

Kein leichtes Leben führen derzeit die Verlagsvertreter. Reiseaufträge machen nur noch etwas mehr als ein Fünftel der Bestellungen aus. Dies sei unter anderem eine Folge der Tatsache, dass klassische Reisekunden schließen und Filialisten sowie Online-Buchhändler ohne Vertreterbesuch bestellen würden, so Könemann. "Die Zahlen zeigen das aktuelle Dilemma dieser Berufsgruppe."

Nicht unproblematisch sei auch, dass die elektronischen Bestellungen über die Bestell­anstalten der Barsortimente um drei Prozentpunkte auf 28,81 Prozent gesunken sind − wie erwähnt, zuguns­ten der manuell zu verarbeitenden Aufträge. Konstant zeigten sich die Werte der IBU in einer Größenordnung von etwa vier Prozent. Sichtbar zulegen konnten die Onlineshops: "Auch hier ist der Strukturwandel ablesbar, wenn die Barsortimente zugunsten der Internethändler verlieren."

Die Anzahl der Packstücke war 2012 leicht rückläufig. Transportiert wurden circa 11,7 Millionen Sendungen gegenüber zwölf Millionen im Vorjahr. Erkennbar wurde eine Tendenz hin zu den Kleinstsendungen mit einem Gewicht von unter zwei Kilogramm. "Aus Branchensicht unerfreulich und teuer", kommentiert Könemann die Entwicklung. Ein minimales Minus zeigte sich bei den Kleinsendungen in der  Fünf-Kilo-Klasse (siehe Grafik 4). Auch die kostengünstigen Packstücke in der Zehn-Kilo-Klasse wurden weniger verwendet.

Analysiert man die Transportwegestruktur nach Packstücken, hat der Bücherwagendienst etwa zwei Prozent seines Anteils verloren. Gleichwohl befördern sie mit 45,75 Prozent noch den größten Part der Sendungen. Der Verlust auf ihrer Seite ging zugunsten der Post, die mittlerweile fast 40 Prozent des Transports erledigt. Außerdem profitierten die Speditionen, die sich von 7,56 auf 8,57 Prozent steigern konnten (siehe Grafik 5).

Bei den Transportwegen nach Gewicht gab es ebenfalls eine Verschiebung weg vom Büchersammelverkehr hin zur Post und zu den Speditionen. Dennoch wird immer noch mehr als die Hälfte des Gewichts über den Büchersammelverkehr befördert.

Die Ergebnisse der Logistikumfrage sind für Könemann ein Indikator für den Strukturwandel: "Auch wenn sich die Trends bei flüchtiger Betrachtung nur langsam vollziehen, darf man die kontinuierliche Wirkung nicht außer Acht lassen."  Daher regt er an, "permanent an der Optimierung unserer Branche zu arbeiten, Bestellverhalten zu überprüfen und technische Verbesserungen zügig einzusetzen".

Christina Schulte

 

Zur Logistikumfrage 2013

Auftraggeber: Ausschuss für den Zwischenbuchhandel
Durchführung: Abteilung Marktforschung des Börsenvereins
Teilnehmer: 11 Verlagsauslieferungen
Gesamtumschlag (Nettoabgabepreise): 2,385 Milliarden Euro
Umschlag je Teilnehmer: 217 Millionen Euro