Das im Jahr 2000 begonnene Mammut-Werk ist so etwas wie das „Lebensprojekt“ zweier Männer - des 56jährigen Verlegers und des 1947 geborenen Theatermanns und Übersetzers Frank Günther. Ihr kühner Plan grenzt für einen kleinen Verlag an Wahnsinn: Nichts weniger als „den ganzen Shakespeare“ wollen sie neu ins Deutsche holen – mitten hinein in die Sprache und Gedankenwelt unserer Zeit. Nach Wieland, Goethe, Schlegel, Tieck, Handke, Thomas Brasch, Heiner Müller und all den anderen nun „ein Shakespeare fürs 21. Jahrhundert“. Klassikervermittlung, schwärmt Treuheit, „nicht als blasser Ahnenkult, sondern als wortgewaltige Neubelebung für Auge, Ohr und Hirn“.
Das Unternehmen ist auf 39 Bände angelegt und zielt von Anfang an auch auf zwei Groß-Jubiläen: Shakespeares 450. Geburtstag (2014) und sein 400. Todestag (2016). Der Edition wird ein Luxus-Kleid geschneidert: Jeder Band in silbergrauem Feinleinen mit Folienprägung, bedrucktes Vorsatzpapier, zwei farbige Lesebändchen, Folienumschlag. Die Presse, von „Spiegel“ bis „Neue Zürcher Zeitung“, ist begeistert; ein Großteil der in Auflagen zwischen 1.500 und 5.000 Exemplaren gedruckten zweisprachigen Bände kann durch Subskription verlauft werden. Doch um das ehrgeizige Unternehmen auch zu einem wirtschaftlichen Erfolg werden zu lassen, ruhen alle Hoffnungen auf dem anstehenden Doppel-Jubiläum.
Und nun: Der Super-GAU. Blankes Entsetzen, als der Verleger seinen Übersetzer-Freund anruft. „Inzwischen“, so Treuheit, „habe ich ihn wieder in der Spur“. Wie geht es weiter? Ars vivendi ist über LKG versichert; die Ankündigung einer raschen Schadensregulierung hat für erstes Aufatmen gesorgt; ebenso die Nachricht, dass die Zahl der vernichteten Bände offensichtlich „etwas geringer“ ausfällt, als zunächst befürchtet. Genaue Angaben gibt es noch nicht. Dafür weiß Treuheit, dass ihn allein der Nachdruck der Shakespeare-Bände in kleineren Auflagen einen sechsstelligen Betrag kosten wird. „Ich kann nur hoffen, dass die Versicherung schnell zahlt.“
Im Herbst soll der „Coriolan“ erscheinen, bis zur Buchmesse 2015 die letzten fünf Bände. „Ich habe einen sehr starken Willen“, sagt Norbert Treuheit, „ich will das schaffen.“ Sein Verlagsteam in Cadolzburg und Frank Günther, der auf einem Dorf nahe Wielands Heimatstadt Biberach wieder an die Arbeit geht, sehen das auch so. „Wir sind Kämpfer.“