Bruno Gmünder Verlag

"Von der Mitte sind wir weit entfernt"

18. Juni 2011
von Börsenblatt
Bruno Gmünder (Berlin) ist die Medienmarke für Schwule, seit 30 Jahren schon. Und wie weiter? Das verrät der neue Inhaber Tino Henn, ein BWLer mit Kommunikationstalent, in einen Interview mit dem Börsenblatt.
Apps, E-Books, Streamingdienste für DVDs – ist Gmünder für die neue Medienwelt gerüstet?
Wir arbeiten daran. Der Verlag hat wunderbare Inhalte, die wir digitalisieren und weltweit digital vermarkten können. Das ist übrigens auch der Auftrag des Gründers an die neuen Gesellschafter.

Es ist noch nicht zu spät?
Keineswegs. Der Verlag ist kerngesund, die Nettorendite stimmt. Ich freue mich zwar, als schwuler Mann jetzt in der Community unternehmerisch tätig zu sein, aber in ein marodes Unternehmen wäre ich sicher nicht eingestiegen.

Was gefällt Ihnen an Ihrem neuen Unternehmen besonders gut?
Die internationalen Beteiligungen sind sehr lukrativ. Außerdem gefällt mir die weltweite Vernetzung des Unternehmens mit der schwulen Szene.

Und was soll möglichst schnell anders werden?
Die Apps für die Reiseführer müssen jetzt rasch auf den Markt. Schwerpunktmäßig will ich mich vorerst um die internen Strukturen kümmern. Alle sollen weiter an einem Strang ziehen, die neue Eigentümerstruktur darf nicht zu Missstimmungen führen.

Sie haben zuletzt erfolgreich Pflegedienste in NRW aufgebaut, engagieren sich in der Aids-Hilfe.Welche Skills bringt der "neue schwule Medienfürst", so das Portal "queer", für den neuen Job mit?
Wie man einen Bildband produziert, weiß ich natürlich noch nicht. Dafür gibt es im Verlag Michael Taubenheim, der seit 20 Jahren dabei ist. Meine Stärken sind die Bereiche Finanzen, Personal und Kommunikation. Außerdem kümmere ich mich um die strategische Ausrichtung und bin das Gesicht nach außen.

Wie sieht die Konkurrenz aus?
Mager. Es gibt vielleicht noch ein halbes Dutzend auf Schwulenliteratur fokussierte Verlage wie Quer oder Männerschwarm und etwa ein Dutzend spezialisierter Buchhandlungen.

Politiker, Unternehmer, Sportler – anders als vor 30 Jahren ist Schwulsein heute doch Normalität. Braucht es da noch einen spezialisierten Verlag?
Die Gay Community, an der Gmünder übrigens kräftig mitgestrickt hat, ist mitnichten überflüssig. Ich würde mal sagen, die Schwulen sind in den Bus eingestiegen, erst mal ganz hinten. In der Mitte der Gesellschaft sind wir noch lange nicht angekommen.

Sie sind 36 Jahre alt, Bruno Gmünder 54. Wenn Sie in die Jahre kommen, in welcher Verfassung wird das Unternehmen bei der Übergabe in jüngere Hände dann sein?
Wenn es irgendwo auf der Welt um schwule Produkte geht, soll kein Weg an Gmünder vorbeiführen.