Jürgen Voerster, der wort- und sprachgewaltige Seniorchef des Hauses Koehler & Volckmar, hat eine umfassende Firmengeschichte vorgelegt: Auf der einen Seite eine exzellente Darstellung der Entwicklung der Firmen Koehler & Volckmar von 1829 bis 2009, zum zweiten eine umfassende Darstellung der Geschichte des Zwischenbuchhandels und zwar sowohl des Barsortiments, der Verlagsauslieferung und des Exportbuchhandels. Zum dritten - keineswegs zuletzt - auch eine Autobiografie von Jürgen Voerster.
Die Chronologie beginnt mit 1829, der Gründung durch Friedrich Volckmar in Leizig am 1. Februar, wo Friedrich Volckmar durch die Übernahme des Sortiments- und Kommissionsgeschäftes von C. H. F. Hartmann gemeinsam mit dem Buchhändlerkollegen F. G. Schaarschmidt die Firma Schaarschmidt & Volckmar gründete. Die Geschichte des Unternehmens ist dann in einem entscheidenden Maße durch Zukäufe, Fusionen und teilweise auch wieder durch Verkäufe gezeichnet. Schon 1833 stellt Friedrich Volckmar ein erstes Memorandum zur Vereinfachung der Zusammenarbeit zwischen Verlag und Sortiment vor. 1854 nimmt Friedrich Volckmar seinen Neffen Carl Voerster als Teilhaber auf. Es werden Grundstücke gekauft, gebaut und erweitert – bis 1900 ausschließlich in Leipzig, dann zum ersten Mal in Berlin; 1903 wird das Barsortiment und das Kommissionsgeschäft Albert Koch in Stuttgart gekauft. Dort folgt 1907 die Fusion mit A. Oetinger und im gleichen Jahr der Kauf von Paul Neff. 1907 wird der Graf Eberhard Bau in Stuttgart erstellt. Bis 1933 wird weiter entwickelt und weiter expandiert. Ab 1920 werden an die Schnellzüge der Reichsbahn die Bücherwagen von K & V angehängt. Nach 1933 steht das Unternehmen immer unter dem Druck enteignet zu werden, bzw. vom Zentralverlag der NSDAP übernommen zu werden. Wie durch ein Wunder wird dieses verhindert. Der Vorsitzende der Geschäftsführung, Hans Volckmar, der mit einer jüdischen Frau verheiratet war, wird zum Rückzug gezwungen, und er übergibt an seinen Schwiegersohn Volckmar-Frentzel. 1943 werden aufgrund der Luftangriffe fast alle Leipziger Firmengebäude auf 33 Grundstücken in und um Leipzig zerstört. 1944 brennt der Graf-Eberhard Bau in Stuttgart nach einem Bombenangriff nahezu völlig aus, bleibt aber stehen. 1948 flieht die Familie Voerster von Leipzig nach Stuttgart und baut von Stuttgart aus die Firmengruppe wieder neu auf.
Während von 1973 bis 1975 fünf Barsortimente in der Bundesrepublik Deutschland geschlossen werden, expandiert Koehler & Volckmar bzw. nun unter dem Hauptnamen Koch, Neff & Oetinger in Stuttgart mit der Tochtergesellschaft, der neu gegründeten Koehler & Volckmar GmbH in Köln immer weiter. Die Technisierung und Rationalisierung für den gesamten Buchhandel wird durch entscheidende Aktivitäten des Hauses Koehler & Volckmar und des großen Konkurrenten Georg Lingenbrink weiter entwickelt. 1987 übernimmt Koehler & Volckmar das Grossohaus Wegner und baut damit vor allem seine Stellung im Export deutscher Bücher, die vor 1939 marktbeherrschend war, wieder auf. Ab 1990 berät Koehler & Volckmar den Leipziger Kommissions- und Großbuchhandel, der bis 2008 weiter unter der Leitung von Jürgen Petry steht, intensiv und unterstützt den Übergang des Unternehmens in die Privatwirtschaft.
1996 werden die Junioren Frank Thurmann und Oliver Voerster in die Geschäftsführung aufgenommen und bilden zusammen mit Werner Thurmann, dem genialen Architekten und Bauherren aller Weiterentwicklungen sowie mit Johannes Vogel und Jürgen Voerster die Gesamtgeschäftsführung. 2004 erfolgt die Fusion der Barsortimente KNO und KV zu Koch, Neff & Volckmar und die Verlagsauslieferung bleibt separat als Koch, Neff & Oetinger Verlagsauslieferung bestehen. Ab 2005 gibt es zum ersten Mal mehr als 400.000 lieferbare Titel im Barsortiment. 2009 übernimmt KNV den Leipziger Kommissions- und Großbuchhandel in Leipzig.
Jürgen Voerster schreibt anschaulich und illustrativ. Die Geschichte des Zwischenbuchhandels könnte kaum besser dargestellt werden. Ein umfassendes Literaturverzeichnis schließt die Arbeit ab. Was fehlt, ist ein Namens- und vor allem ein Firmenregister und es wäre sicherlich besser gewesen, ein Werk, das über 180 Jahre zurückblickt und das ein Standardwerk für die weitere Zukunft darstellt, in gebundener Form herauszubringen. Die komplette Lektüre ist nicht nur den Zwischenbuchhändlern, sondern jedem Sortimenter und Verleger nachdrücklich zu empfehlen.
Jürgen Voerster: Geschichte der Firmen Koehler & Volckmar. Koch, Neff & Volckmar / Koch, Neff & Oetinger Verlagsauslieferung. 2 Bände, 2009, 181 und 183 Seiten, broschiert, € 15.-, ISBN 978-3-87423-001-3