Wäre es zu damaligen Zeiten nahezu undenkbar gewesen, dass Thalia inhabergeführte Sortimente mit Flächen von rund 150 Quadratmetern übernimmt, so passt das heute bestens zur Strategie. Die gut 20 Buchhandlungen, teils mit mehreren Filialen, die Thalia seit Januar 2017 aufgekauft hat, lesen sich wie ein Who's who des unabhängigen Sortiments. Leuchttürme, die an ihren Standorten fest verwurzelt sind und für erfolgreichen Buchhandel stehen, haben sich unter das Dach des Marktführers begeben. Als da wären die Buchhandlung Wittwer, die Buchhandlung Taube in Nordhorn, die Buchhandlung Vogel in Schweinfurt oder die Buchhandlung Decius, die 2020 zu Thalia stößt – um nur einige Beispiele zu nennen. Größter Coup ist allerdings der Zusammenschluss mit der Mayerschen mit 56 Läden. Beim Addieren der Quadratmeterzahlen, die dem Flächenkonto von Thalia hinzuzufügen sind, rechnet man sich fast schwindelig – und landet ohne die Mayersche und Decius bei mehr als 10.000 Quadratmetern. Decius inklusive kommen nochmals rund 5.000 Quadratmeter obendrauf.
Es ist ein atemberaubendes Tempo, das Thalia vorlegt. Ein Ende scheint nicht in Sicht. Ingo Kretzschmar, Managing Director Sales Stationary bei Thalia, gibt einen Ausblick: "Wir wollen als Gesamtunternehmen Thalia Mayersche im Sortimentsbuchhandel weiter mit Augenmaß wachsen." Thalia setze auf Neueröffnungen und Partnerschaften mit dem inhabergeführten Buchhandel. "Profitabilität ist dabei für uns der wesentliche Faktor", wie Kretzschmar betont. Auf die Frage, ob es eine Wachstumsgrenze für Thalia gibt, sagt er: "Mit unserem Omnichannel-Ansatz sehen wir nach wie vor sehr gute Wachstumschancen – sowohl im stationären Buchhandel als auch im Onlinegeschäft."
Wirft man einen Blick auf die Buchhandelslandschaft, vor allem auf die Altersstruktur vieler erfolgreicher Buchhändler, lässt sich schon jetzt absehen: Die Filialisten werden sich noch einige Perlen einverleiben können. Buchhändler berichten von jahrelanger erfolgloser Suche nach einem Nachfolger, wenn es keine Lösung in der Familie gibt oder Mitarbeitern das notwendige Kapital fehlt, um sich in die Buchhandlung einzukaufen. Für die Filialisten ist es da ein Leichtes, in die Bresche zu springen. Der Markt für die Käufer scheint derzeit geradezu ideal. Kretzschmar beschreibt, was es offenbar so einfach macht, attraktive Buchhandlungen zu erwerben – und sieht neben der Nachfolgefrage noch einen zweiten wichtigen Punkt: "Es wird immer schwieriger, mit einer – oder wenigen – Buchhandlungen wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Denn die Investitionen in eine moderne Infrastruktur, so wie der Kunde es heute erwartet, sind erheblich." Gleichwohl seien die zugekauften Buchhandlungen keine Schnäppchen: "Eine attraktive, gut funktionierende Buchhandlung hat ihren Preis – das gilt heute noch genauso wie in früheren Zeiten."
Interessant ist eine Übernahme für Thalia, wenn Standort und Stadt stimmen. "Ausschlaggebend ist für uns die wirtschaftliche Nachhaltigkeit eines Standorts, der auch in zehn Jahren noch rentabel sein soll", betont Kretzschmar. Ideal sei es, wenn die bisherigen Inhaber in der Stadt gut vernetzt seien und Lust hätten, etwa als Filialleiter, die Buchhandlung gemeinsam erfolgreich weiterzuentwickeln.
die graphische Darstellung.