Peter Kraus vom Cleff zum VS-Jubiläum

"Ein sinkendes Marktvolumen bedeutet auch sinkende Einnahmen"

21. Februar 2019
Redaktion Börsenblatt

Digitalisierung, Urheberrecht, VG Wort-Beteiligung: Das waren die zentralen Themen beim Jubiläumskongress des Verbands Deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller (VS) am vergangenen Wochenende in Aschaffenburg. Peter Kraus vom Cleff, kaufmännischer Geschäftsführer bei Rowohlt und Mitglied im Vorstand des Verlegerausschusses im Börsenverein, war dabei. Hier berichtet er von seinen Eindrücken. 

50 Jahre VS, eine Konferenz, mehr als 30 Veranstaltungen – wie wars?
Ich fand, es war eine gelungene, ambitionierte Veranstaltung mit inspirierenden Beiträgen und einem Blick nach vorne auf dem Boden einer fünfzigjährigen Organisation.

Künftig können Selfpublisher leichter Mitglied im VS werden, wurde beschlossen. Eine gute Entscheidung aus Ihrer Sicht? Was verändert das?
Eine gute Entscheidung, zumal Selfpublisher eine stärkere Position gegenüber denjenigen Plattformen brauchen werden, an die sie ihr Einkommens- und zum Teil schriftstellerisches Schicksal geknüpft haben. Dem VS wird die damit einhergehende Verjüngung auch gewiss guttun.

Was sagen Autoren zu den Nachrichten aus der Buchbranche – zur KNV-Insolvenz, zu den Ergebnissen der Buchkäufer-Studie, zu sinkenden Auflagen? Sehen sie ihre Honorare in Gefahr?
Von Autorenseite habe ich bislang noch keine unmittelbare Reaktion zur KNV-Insolvenz vernommen. Da Verlag von "Vorlegen" kommt, also klassische Publikumsverlage ihren Autor*innen Garantiehonorar zahlen, liegt das Forderungsausfall-Risiko vor allem bei den Verlagen. Einen gemeinsamen Einsatz für die auch durch die Barsortimente gewährleistete kulturelle Vielfalt und Lebendigkeit fände ich sehr begrüßenswert. Generell muss allen Marktteilnehmer, inklusive den Autor*innen und Agent*innen ökonomisch klar sein, dass ein sinkendes Marktvolumen sich in sinkenden Absatz- und Umsatzniveaus und damit letztlich auch in für alle spürbaren Einkommensreduktionen niederschlagen wird.

Wie entwickelt sich das Verhältnis zwischen Autoren und Verlagen, ganz allgemein gefragt? Begegnen sich beide Seiten heute vorsichtiger, abwartend, mit mehr Zurückhaltung? Sind Agenten die neuen Verleger?
Ich kann nur immer wieder betonen, dass es ein symbiotisches Miteinander von Autor*innen und Publikumsverlagen gibt. Dies auch gegenüber dem massiven Kampagnendruck der Internetgiganten in der EU gemeinsam in die Waagschale zu werfen, um ein faires, zukunftsfähiges europäisches Urheberrecht zu sichern, ist und muss weiterhin unsere gemeinsame Aufgabe sein.

Der VS nutzte seinen Jubiläumskongress zudem, um den Blick auf "Literatur unter Strom" zu lenken – auf die Digitalisierung und ihre Folgen. Welche Themen sind Autoren besonders wichtig? Schreiben Künstliche Intelligenzen bald Romane?
Zeit ist das knappste Gut und die Medienkonkurrenz wächst, wir müssen gemeinsam attraktive Angebote für die Menschen schaffen und betonen, dass Autor*innen und Verlage immer noch die besten Story-Teller sind. Zu Künstlichen Intelligenzen: Kann ich mir gut für Recherche und dergleichen vorstellen, aber sonst gilt für mich: "Do androids dream of electronic sheep?"

Die VG Wort beteiligt Verlage derzeit nur an den Ausschüttungen, wenn Autoren dem ausdrücklich zustimmen. Kam das auch zur Sprache?
Ja. Uns muss klar sein, dass es die Verhandlungsposition der VG Wort gegenüber BITKOM und Co. erheblich schwächen würde, wenn die Verleger nicht mehr mit an Bord wären. Darum kämpfen wir gemeinsam um Artikel 12 und die gesamte DSM (Richtlinie zum Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt; a.d.R.) noch in dieser Brüsseler Legislaturperiode.

Sie waren als Rowohlt-Geschäftsführer und Vertreter des Börsenvereins vor Ort. Haben Sie eine To-do-Liste mit nach Hause bekommen?
Innerlich habe ich an viele Punkte auf unserer Strategieagenda Haken gemacht.


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