Seit Jahren betreiben wir ein Versandantiquariat, das Bücher vor allem über das Internet verkauft und mit der Deutschen Post und DHL in alle Welt verschickt. Der Auslandsversand hat einen nicht unerheblichen Anteil am Bestellaufkommen. Circa 15 bis 18 Prozent der Bestellungen gehen ins Ausland, 20 bis 25 Prozent der Umsätze werden über den Export erwirtschaftet.
Bisher erfolgte der Versand in Ausland bei hochpreisigen und schwergewichtigen Büchern durch die internationalen Paketmarken der DHL. Bei nicht hochpreisigen Büchern bis fünf Kilogramm Gewicht erfolgte der Versand als eingeschriebene Sendung Buch international zum Kilotarif. Vor allem für Sendungen in Nicht-EU-Länder (also auch für die wichtigen Märkte Schweiz, Norwegen, USA, Kanada, Südamerika usw.) war diese günstige Versandmöglichkeit enorm wichtig. Täglich haben wir mehrere internationale Sendungen als Priority-Büchersendungen verschickt. Wenn man Economy-Versand statt Priority wählte, war dies sogar noch etwas günstiger.
Die Abwicklung war denkbar einfach: Die Sendungen wurden gepackt und gewogen, eine summarische Einlieferungsliste ausgefüllt, vorher bestellte Einschreibemarken wurden appliziert, die Nummernduplikate der Einschreibemarken in die interne Postausgangsliste und die externe Abholliste eingeklebt. Die Abrechnung erfolgte nach Einlieferungsliste im Briefzentrum.
Diese Herrlichkeit fand zum 1. Januar 2019 ein jähes, und vor allem: ein unangekündigtes, Ende. Am 2. Januar erfuhren wir durch Zufall, dass unsere Versandroutinen für den Auslandsversand komplett geändert werden müssen. Die Deutsche Post hat uns keine Vorankündigung geschickt, keinerlei Anleitung für den geänderten Versand gegeben, keinerlei Support bei der Buchung der neu eingeführten Warenpost international gewährt und erst nach mehrmaligen Anfragen im zuständigen Briefzentrum einen Kontakt zu einem Fachberater vermittelt, der von seinem Arbeitgeber, der Deutschen Post, über das neue Produkt ebenfalls kaum informiert worden war. Alle Hotlines der Deutschen Post, die wir angerufen haben, alle Direktkontakte, die wir genutzt haben, waren über das Thema Warenpost wenig oder gar nicht informiert. Wohl gemerkt, ich spreche von qualifizierten Mitarbeitern in Briefzentren, im Vertrieb und an der Geschäftskundenhotline. Wir bekamen nicht einmal ein neues Preisverzeichnis, obwohl die Post (Briefpost und Paketpost) bei uns täglich gegen eine nicht geringe Monatsgebühr abgeholt wird. Die Abholer wissen nicht, wie die Warenpost weitergeleitet werden muss, haben das Wort Warenpost nicht einmal gehört. Es existieren keine Infoträger, mit denen man die Behälter sachgerecht labeln kann. Ein Mitarbeiter im Briefzentrum vermutete, die Sendungen seien als Postexpress zu behandeln, genau wisse er das aber nicht.
Das ist in meinen Augen der erste Skandal. Ich hätte niemals geglaubt, dass eine solche Desorganisation in Deutschland möglich ist.
Der zweite Skandel liegt in den Bedingungen der Warenpost selbst. Einerseits sind die Sendungen gegenüber den herkömmlichen Büchersendungen teilweise erheblich teurer und auf 2,00 Kilogramm Maximalgewicht begrenzt. Die Versandkosten ins Ausland erhöhen sich drastisch – es ist leicht zu prognostizieren, dass dadurch die Exporte abnehmen und unsere Umsätze sinken werden. Andererseits bringen die erzwungenen Online-Buchungen für jede einzelne Sendung einen erheblichen Mehraufwand für die Versandabteilung mit sich. Schnittstellen zur Automatisierung für Warenwirtschaftsprogramme im Antiquariatsbereich stellt die Deutsche Post natürlich auch nicht zur Verfügung. Wir rechnen daher bei drei bis sechs Sendungen täglich mit einem Mehraufwand von 30 bis 40 Minuten – nicht nur, weil die übrigens mangelhafte Onlinemaske durchlaufen werden muss (mehrfache Abstürze, Adressfeld Straße viel zu klein, kein Journalausdruck möglich, selbstentleerender Warenkorb), sondern weil sich die gesamte Dokumentations- und Packroutine ändert: Die Sendungen müssen vor der Online-Buchung fertig gepackt und dann exakt gewogen werden, damit erst dann die Online-Buchung durchgeführt werden kann, danach wird die nummerierte Versandmarke appliziert, und danach muss die Nummer dieser Marke nunmehr von Hand in die externe Postausgangsliste und die Abholliste eingetragen werden. Eine externe Packstube (zum Beispiel in einem Außenlager) ohne Internetanschluss ist gar nicht mehr möglich, weil damit ein ewiges Hin- und Hergehappel zwischen Packstube und Büro verbunden wäre, der manuelle Aufwand der Nummernübertragung in diverse Listen in fehleranfällig und erheblich – kurz und gut: Das ganze Verfahren ist eine deutliche Erschwernis auf dem Rücken der Postkunden, die für diesen wunderbaren Quatsch auch noch mehr bezahlen müssen.
Mehr bezahlen? Nein, deutlich mehr bezahlen, wie Beispiele belegen:
(1) Ein Buch mit einem Gewicht von 2,5 Kilogramm in die Schweiz kostete als eingeschriebene kilotarifierte Büchersendung Priority 18,30 Euro (0,80 Euro Grundgebühr+ 15 Euro Kilotarif + 2,50 Euro Einschreibegebühr). Heute nur noch als Paket für circa 30,00 Euro möglich = Mehrkosten 11,70 Euro.
(2) Eine Buch mit einem Gewicht von 3,8 Kilogramm nach Japan kostete als eingeschriebene kilotarifierte Büchersendung Priority 26,10 Euro (0,80 Euro Grundgebühr + 22,80 Euro Kilotarif + 2,50 Euro Einschreibegebühr). Heute nur noch als Paket für circa 46,00 Euro möglich = Mehrkosten 19,90 Euro.
(3) Ein Buch mit einem Gewicht von 1,1 Kilogramm nach Norwegen kostete als eingeschriebene kilotarifierte Büchersendung Priority 9,90 Euro (0,80 Euro Grundgebühr + 6,60 Euro Kilotarif + 2,50 Euro Einschreibegebühr). Heute nur noch als eingeschriebene Warenpost für 19,25 Euro möglich = Mehrkosten 9,35 Euro.
(4) Ein "Durchnittsbuch" mit einem Gewicht von 0,65 Kilogramm nach Frankreich kostete als eingeschriebene kilotarifierte Priority-Büchersendung 7,20 Euro (0,80 Euro Grundgebühr + 3,90 Euro Kilotarif + 2,50 Euro Einschreibegebühr). Heute nur noch als eingeschriebene Warenpost für 9,25 Euro möglich = Mehrkosten 2,05 Euro.
Diese drastischen Preissteigerungen sind der dritte Skandal. Sie setzen vor allem kleine Unternehmen massiv unter Druck, die sich den Kilotarif-Vertrag (den es bei der Warenpost auch noch gibt) wegen der hohen Mindestmenge von 500 Stück pro Quartal nicht erlauben können. Hier werden Großversender (vulgo: die bekannten Massenramscher unseres Gewerbes) bevorzugt gegenüber den Klein- und Mittelversendern.
Und darauf soll das Ganze ja wohl hinaus: Die Benachteiligung und Gängelung der zahlreichen Kleingewerbetreibenden, die mit ihrem Klein-Klein unverhältnismäßig viel Aufwand machen.
Natürlich können wir die Versandkosten für den Auslandsversand an die Kunden weitergeben – die Folge werden abnehmende Bestellungen sein, das ist sicher wie das Amen in der Kirche. Übrigens haben unsere Kunden wegen der fehlenden Vorankündigung der Deutschen Post bis zum 2. Januar noch Bücher zu den alten Versandkosten bestellen können …
Fazit: Die Ablösung der Sendungsart Buch international / Buch international Kilotarif durch die Warenpost ist in jeder Beziehung Schrott – Teurer, komplizierter, ausschließlich mit Nachteilen behaftet und dazu noch miserabel organisiert. Von der katastrophalen Kommunikation gegenüber uns, den gewerblichen Kunden der Post, ganz zu schweigen.
Man sollte sich sofort nach einem neuen Versandunternehmen umschauen, wenn man nicht wüsste, wie es bei den Mitbewerbern teilweise zugeht …
Otto W. Plocher
Was mich aber viel mehr interessiert: Wenn ich kein Buch mehr als Brief verschicken darf, wie will die Post mich daran hindern? Werden Briefe nun einfach mal so aufgemacht? Gilt das Briefgeheimnis nicht mehr? Es handelt sich immerhin um Artikel 10 des Grundgesetzes:
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland
Art 10
(1) Das Briefgeheimnis sowie das Post- und Fernmeldegeheimnis sind unverletzlich.
(2) Beschränkungen dürfen nur auf Grund eines Gesetzes angeordnet werden. Dient die Beschränkung dem Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes, so kann das Gesetz bestimmen, daß sie dem Betroffenen nicht mitgeteilt wird und daß an die Stelle des Rechtsweges die Nachprüfung durch von der Volksvertretung bestellte Organe und Hilfsorgane tritt.
Ein neues Gesetz zum Wohle der Warenpost ist mir bisher nicht bekannt, und ich hoffe doch inständig, dass wir zum meinem Lebzeiten nicht bei "Fahrenheit 451" ankommen. Auf welcher Rechtsgrundlage will also nun die Post kontrollieren, ob nicht vielleicht doch ein Büchlein in dem Maxibriefkarton ist ?
Die Zeit der Überfälle sollte - lange nach dem Wilden Westen - endgültig vorbei sein.
Wir legen die fertig gepackte Sendung auf die Waage und diese übermittelt über USB das Gewicht an die Software. Mit einem Mausklick wird die Versandart gewählt und mit Klick wird das Versandlabel ausgedruckt. Fertig!
Im Außenlager geht das auch mittels Mobilfunk-Stick und Notebook. Und beim Außenlager, welches in einem Funkloch liegt, wird einfach mittels Pickliste in das Lager umgelagert in dem dann ein Internetanschluß ist.
Durch die standartisierten Labels, die maschinell verarbeitet werden können, verringert sich auch die Laufzeiten, so daß der Kunde fast immer am nächsten Tag sein Buch hat. Das geht natürlich nicht mit abgelegten Briefmarken und handschriftlicher Adreßaufbringung.
DHL und die Post haben frühzeitig, die Produktänderungen angekündigt, so daß die Entwickler ausreichend Zeit hatten, dies zu berücksichtigen. Aber auch zahlreiche Fachmedien haben über die Produkte von Post und DHL informiert. Einfach Warenpost bei Google News suchen, sollten Zweifel bestehen.
Auch die Angaben zu den Preisen kann ich nicht nachvollziehen. Wenn Herr Plocher bei der Größe seines Unternehmens keine individuellen Verträge mit Versanddienstleistern abschließt, sollter er nicht DHL und der Post die Schuld für überhöhte Preise geben.
Ihre Darstellung ist teilweise unrichtig, v.a. die abschließende Passage zu den Preissteigerungen. Selbst wenn man die "vollautomatisierte Packstube", für die Sie werben, akzeptieren wollte (für mich eine recht ambivalente Vorstellung): Ein individueller Vertrag mit der DHL für den nationalen und internationalen Paketversand, selbst bei relativ vielen Paketsendungen im Jahr, wird niemals die Preisvorteile der nationalen Büchersendung, der ehemaligen internationalen Büchersendung oder (bei schweren Paketen) die Vorteile der Paketmarken von Antiquariat.de / ZVAB ausgleichen. Mit einem solchen DHL-Individualvertrag, der ohnehin nur für mittelgroße Versender infrage kommt, ist preislich allenfalls im unteren Gewichtssegment der Sendungen etwas zu sparen. Die nationale Büchersendung bleibt absolut konkurrenzlos, ab einem Versandgewicht von vier Kilogramm ebenso die pauschalisierte DHL-EU-Paketmarke. Da endet die Automatisierung, wenn man nicht insgesamt deutlich höhere Versandpreise in Kauf nehmen und alles elektronisch leitcodieren will - wozu? Um einem Automatisierungsgötzen zu dienen?
Automatisierte Prozesse und Warenwirtschaftssysteme mögen ja für Buchhändler, deren Warendistribution sich am Vertrieb vorgefertigter, serieller Produkte orientiert, sinnvoll sein - im Bereich Antiquariatssoftware steht für mich die Möglichkeit der qualifizierten Titelaufnahme mit Fotoeinbindung, Backlisting und diversen bibliographischen Features im Vordergrund. Wenn eine Software das kann, ist sie gut. Wenn die Software durch eine sinnvolle Warenwirtschaft ergänzt wird, ist das positiv - ich gebe Ihnen Recht, dass es da leider manchmal hakt; wir sprachen schon darüber. Das muss besser werden. Aber ich opfere nicht das eine Herzenseigene, um das andere Post-AGB-Konforme zu bekommen.
Eine Anmerkung abschließend: Der Ton macht die Musik. Ihre Redeweise über die Effektivität von "Herrn Plocher sein Laden" entspricht nicht meinen Vorstellungen eines gepflegten öffentlichen Diskurses.
- Büchersendung international wurde durch Warenpost international ersetzt und ist auch im Kilotarif mit Liste zu haben (https://www.deutschepost.de/de/b/briefe-ins-ausland/warenpost-international.html)
- Selbst für Kleinstversender lohnt ein individueller Vertrag mit DHL & Co.
- Warenwirtschaftssysteme die Ihre beschriebenen Anforderung erfüllen, gibt es sogar kostenlos, z.B. JTL - dort haben Sie dann auch eine Anbindung an DHL & Co.
- Herrn Plocher sein Laden: orientiert sich eher an Tante Emma-Laden, dem Buchladen 47 in Bonn und meinen Blog "Aus dem Laden". Laden ist nun wirklich kein Begriff bei dem man gekränkt sein sollte.
Der ärgerliche Punkt an der ganzen Chose ist die mangelnde Kommunikation seitens der Deutschen Post.
Herr Falk, Sie sprechen davon, die DHL/Deutsche Post habe frühzeitig diese gravierende Änderung angekündigt. Ich frage mich: wo? Und ich hoffe, daß das nicht eine der Art Ankündigung war, wie Douglas Adams sie seinem Protagonisten Arthur Dent zuteil werden ließ, als dieser von dem Abriß seines Hauses erfuhr.
Die Leiterin der Post, bei der wir unsere Sendungen immer aufgeben, sagte mir, sie habe von der Änderung zu Heiligabend erfahren und gleich versucht, das schnellstens an ihre Kunden weiterzugeben. Wenn selbst Postangestellte erst kurz vor knapp davon erfahren, dann nenne ich das nicht rechtzeitig.
Sie sprechen mir aus der Seele!
Die Änderungen wurden auch uns (Verlag) viel zu spät mit geteilt. Die Konditionen der Warenpost International sind äußerst unattraktiv (im Vergleich zu vorher / Presse Buch international) und das Tracking mit die Haftung (bis 20 € inkl. Porto) der reinste Witz! Den Kilotarif erreichen nur die ganz großen.
So eine Internetmarke zu kaufen war gar nicht so einfach, da der Online-Shop der Deutschen Post noch einige Fehler für die "Warenpost International" aufweist. Ich persönlich habe mich mit verschiedenen Hotline-Beratern rumgeärgert und wurde mehrfach weiter verbunden. Über das Kontaktformular habe ich nach über einer Woche noch keine Antwort erhalten. Unser Geschäftskundenberater wusste leider auch nicht viel. Wir sind mit ihm aber schlussendlich weiter gekommen.
Es ist im Großen und Ganzen wirklich einfach ein Skandal!
Schönes Wochenende und viele Grüße aus dem Taunus
Laura Schönborn
(Schulz-Kirchner Verlag)
Der Hinweis von ihm, man solle Verträge mit DHL abschliessen, ist für Kleinunternehmer an Hohn nicht zu überbieten. DHL verlangt bei kleinen Paketmengen einen höheren Paketpreis als ein Privatkunde bei der Post zahlt.
Ich habe mich an die Bundesnetzagentur gewandt und hoffe, dass etliche weitere betroffene Buchhändler und auch private Personen diesen Weg gehen, damit diese hoffentlich auf die Post einwirkt, die Versandform der internationalen Buchsendungen zu reaktivieren. Es ist ehrlich gesagt merkwürdig, dass ein ehemaliges Staatsunternehmen wie die Dt. Post derartige Freiheiten besitzt, einfach bestimmte Versandarten aus dem Briefsektor einzustampfen, obwohl diese den Staatsauftrag hat, den Briefsektor als Monopolist in weiten Teilen des Landes zu bedienen, aber vermutlich ist es einfach nur die Gier, um damit dem Tochterunternehmen DHL die Kunden zuzutreiben und ein vielfaches an Umsatz zu machen.
Als Kleinunternehmer, der die Vorsteuer nicht geltend machen kann, sind die neuen Tarife eine Katastrophe. Kostete bisher die internationale Büchersendung bis 500g im Einzeltarif 3,20 Euro, so kostet die gleiche Leistung nun als internationale Warenpost 4,40 Euro. Von dem Wegfall der Kilo-Tarife für internationale Büchersendungen ganz zu schweigen - hier wirken sich die Preissteigerungen in bestimmten Gewichtsbereichen noch viel extremer aus.
Der Service einfaches Tracking bei der internationalen Warenpost ist nahezu nutzlos, weil der Kunde keine Unterschrift beim Empfang leisten muss und im Falle eines Verlustes werden lediglich 20 Euro (inkl. Porto erstattet). Gibt man also eine Internationale Warenpost mit 0,6 kg mit dem Service Tracking (ohne Unterschrift) auf, so kostet dies alleine an Porto 11,00 Euro und im Verlustfall gibt es insgesamt 20,00 Euro.