Tomáš Jan Podivínský, Botschafter der Tschechischen Republik und Gastgeber für die Pressekonferenz am 27. November, betonte, wie die Leipziger Buchmesse in einer Mitteilung berichtet: "Im Oktober haben wir zwei wichtige Ereignisse gefeiert: 100 Jahre seit der Gründung der Tschechoslowakei sowie den Anfang des tschechischen Kulturjahres in Leipzig mit seinem Höhepunkt im März 2019, wo sich Tschechien als das Gastland der Leipziger Buchmesse vorstellt." Wie wichtig der Auftritt für das kleine Land ist, erläuterte Tomáš Kubíček, Leiter der Mährischen Landesbibliothek Brno und des Gastlandauftritts: "Die globalisierte Welt hat unsere Aufmerksamkeit irgendwo hinter den Horizont abgezogen und wir haben ein bisschen vergessen, wie wichtig Nachbarschaft ist, welche auf Nähe und dem gegenseitigen Kennenlernen beruhen sollte. Die Wiederherstellung der Nähe ist also eines der wichtigsten Ziele des Tschechischen Jahres."
Der Gastlandauftritt ist nämlich in ein ganzes tschechische Kulturjahr eingebettet – diese Kampagne wird den Fokus auf die tschechische Literatur und ihre Nachbarkünste legen: Film, Fotografie, Musik, Comic und Designkunst. ein Residenzprogramm ermöglicht Schreibaufenthalte deutscher Schriftsteller in Brünn und tschechischer Schriftsteller in Leipzig. Oliver Zille, Direktor der Leipziger Buchmesse, hofft, mit "Leipzig liest" dem Gastlandauftritt "eine perfekte Bühne bieten und zugleich den tschechischen Autoren eine neue Leserschaft eröffnen" zu können.
60 Autorinnen und Autoren zu Gast
Zur Leipziger Buchmesse reisen 60 tschechische Autorinnen und Autoren mit ebenso vielen Neuerscheinungen aller Genres an. Mehrere in Deutschland bereits bekannte tschechische Autorinnen und Autoren sind dabei, so etwa Literaturhaus-Preisträger Jaroslav Rudiš mit seinem neuen, erstmals auf Deutsch verfassten Roman "Winterbergs letzte Reise" (Luchterhand Literaturverlag), Radka Denemarková, die ihr neues Buch "Ein Beitrag zur Geschichte der Freude" (Hoffmann und Campe) vorstellt und Jáchym Topol, der mit "Ein empfindsamer Mensch" (Suhrkamp Verlag) einen neuen Roman vorlegen wird.
Außerdem kommt einer der Stars der tschechischen Literaturszene nach Leipzig: Pavel Kohout, Wortführer des Prager Frühlings und Mitverfasser der legendären Charta 77. Er präsentiert sein Buch "Aus den Tagebüchern eines Europäers" (Osburg Verlag 2019), und wird eine Ausstellung über sein Leben und Werk eröffnen.
Ein weiteres Highlight unter den Neuerscheinungen ist die nun abgeschlossene zehnbändige Werkausgabe von Jiří Gruša, dem weit über die Grenzen hinaus bekannten Schriftsteller und Diplomaten, außerdem bringen der Brünner Verlag Větrné mlýny Brno und der Klagenfurter Wieser Verlag eine gemeinsame Edition heraus, die zehn bedeutenden Autorinnen und Autoren gewidmet ist.
130 Veranstaltungen auf der Leipziger Buchmesse
Der Gastlandauftritt startet bereits am 19. März in Dresden, wo tschechische Autorinnen und Autoren auf ihrer Zugfahrt nach Leipzig einen Zwischenhalt einlegen und beim Literaturabend am Dresdner Hauptbahnhof auftreten.
Auf dem Messegelände finden Lesungen und Diskussionen statt, für die Themen steht jeweils ein tschechischer Schriftsteller Pate:
- "Literatur im Ausnahmezustand" mit Radka Denemarková (21. März),
- "Aufbruch und Wandlung − Generation 89" mit Jaroslav Rudiš (22. März),
- "Krisenzeiten? − Europa heute" mit Jiří Přibáň (23. März)
- und „Literatur der Beunruhigung“ (Pate noch unbestimmt; 24. März)
Eine eigene Bühne für Kinder und Jugendliche sowie für Comics gibt es in Halle 2.
In der Leipziger Innenstadt sind im Rahmen von "Leipzig liest" besondere tschechische Abende geplant. Dabei stehen deutsch-tschechische Themen im Vordergrund sowie Gespräche über die tschechische Identität und den einstigen tschechischen Sozialismus im Wandel, über tschechische Theaterstücke, Comics und Sachbücher. Außerdem gibt es ein Zusammentreffen der tschechischen und deutschen Residenzautorinnen und -autoren.
Nicht nur die Literatur, auch der tschechische Film wird in Leipzig eine Rolle spielen, es gibt eine Reihe literarischer Verfilmungen tschechischer Klassiker zu sehen − neu digitalisiert und mit deutschen Untertiteln versehen.
In der Stadt Leipzig sind darüber hinaus zahlreiche Ausstellungen geplant:
- Die Stadtbibliothek Leipzig stellt zeitgenössische Kinderbuch-Illustratoren aus (19.1.−13.4.) und zeigt zudem eine Fotoausstellung von Karel Cudlín mit künstlerischen Porträts tschechischer zeitgenössischer Schriftstellerinnen und Schriftsteller (18.3.− 22.6.).
- Das Deutsche Buch- und Schriftmuseum lenkt den Blick auf tschechische Avantgardekunst (5.2.−30.6.).
- Die Foto-Ausstellung "Pavel Kohout – Mein tolles Leben mit Hitler, Stalin und Havel" (20.3.−24.4.) wird vom Haus des Buches veranstaltet.
- "Jiří Gruša – Schriftsteller und Diplomat – sein Leben und Werk" stellt das Rathaus Leipzig am 22.3. sowie die VHS Leipzig, 25.3. bis 13.4. vor.
- Und in der Galerie KUB wird tschechische Geschichte im Comic zu sehen sein (8.3.−13.4.).
Mehr zum Programm unter: ahojleipzig2019.de