Die Macht des Digitalen ist allgegenwärtig – mit ihren Verheißungen für die Geschäftswelt von morgen, aber auch mit den Verwerfungen, die sie für die demokratische Gesellschaft und das Leben jedes Einzelnen bedeuten kann. Ihren Licht- und Schattenseiten widmen sich bei den Buchtagen Berlin gleich drei Referenten.
Mit dem Potenzial, das künstliche Intelligenz für den Handel birgt, beschäftigt sich Heike Scholz. Die Beraterin für Digitalisierung hat 2006 das Onlinemagazin "mobile zeitgeist" gegründet und rückt in dem Blog "Zukunft des Einkaufens" auch digitale Handelstrends in den Blick. Was genau ist künstliche Intelligenz – was kann sie leisten und wo wird sie heute schon im Handel eingesetzt? Bei ihrem Vortrag in Berlin nimmt Heike Scholz das Publikum mit zu Testläufen und Projekten.
Der Soziologe und Sozialpsychologe Harald Welzer analysiert die Digitalisierung aus einer ganz anderen Perspektive – nämlich als Strukturwandel der Öffentlichkeit, der das Private zum Verschwinden bringt. Wie kann man drohenden Demokratie- und Freiheitsverlusten entgegenwirken? Damit setzt sich Welzer auseinander. In der "Zeit" zog er 2017 einen drastischen Vergleich: Populärkultur und Wissenschaft würden das anbrechende Atomzeitalter in exakt jener Einvernehmlichkeit feiern, wie das heute mit der Digitalisierung geschehe: "Aus der damaligen Euphorie ist man nach Tschernobyl erschrocken und nach Fukushima ernüchtert aufgewacht." Mehr dazu in Berlin.
2015 hat der Informatiker und Buchautor Alexander Markowetz bei Droemer den "digitalen Burnout" diagnostiziert. Was mit einer Gesellschaft passiert, die fortwährend auf ein kleines Kistchen starrt, erläutert er am 12. Juni bei den Buchtagen. Für Markowetz ist die Smartphone-Nutzung "das genaue Gegenteil von Yoga", wie er jüngst in der "Sonntagsfrage" auf boersenblatt.net erklärte. Der Mensch von heute greife zum Handy, um "sich maximal schnell zu zerstreuen", noch dazu in einer orthopädisch vollkommen absurden, vornübergebeuten Position: "Bei durchschnittlich zwei Stunden am Tag hat das einen kumulativen Effekt", meint Markowetz. Ein Gegenmittel ist für ihn das analoge Lesen: "Romane helfen dabei, das Smartphone längere Zeit nicht zu nutzen und unsere Aufmerksamkeitsspanne wieder zu verlängern", so seine These, die er in Berlin ausführlich erläutern wird – und von der sich Verlage und Buchhändler inspirieren lassen können.
Am 12. und 13. Juni trifft sich die Branche zum Jahreskongress in Berlin. Last-Minute-Anmeldungen sind möglich, auch vor Ort.
- Kongressthema: "Der Kunde von morgen – Strategien für die Zukunft des Buches"
- Tagungsort: Hotel Ellington,Nürnberger Straße 50 – 55, 10789 Berlin
- Programm: Nach dem Kongress am 12. Juni kommen die drei Fachgruppen ab 18 Uhr zu den Fachausschusswahlen zusammen, am 13. Juni findet die Hauptversammlung des Börsenvereins statt, bei der die Mitglieder etwa über ein Finanzpaket mit Beitragserhöhung entscheiden.
- Mehr unter www.boersenverein.de/buchtage
- Wer nicht dabei sein kann: Berichte und Bilder vom Kongress gibt es tagesaktuell auf boersenblatt.net.