Ab Januar 2016 muss die Mehrwertsteuer bei E-Bundles getrennt ausgewiesen werden, bei jedem einzelnen Verkauf. So will es der Gesetzgeber und so will es die Branche auch umsetzen – stößt dabei allerdings an ihre Grenzen. Obwohl die Regelung in noch nicht einmal drei Monaten in Kraft trete, würden viele das Problem bis heute vor sich herschieben, sagen Zwischenbuchhändler wie Stefan Könemann (Barsortiment Könemann / Libri).
Könemann denkt dabei vor allem an das Sortiment: »Etwa ein Viertel aller Buchhändler hat noch nichts unternommen, um auf Rechnungen und Kassenbons ab dem Stichtag 1. Januar 2016 die verschiedenen Mehrwertsteuersätze korrekt ausweisen zu können.« Vom Status quo alarmiert, sieht er Händler schon ratlos vor ihrem Steuerprüfer stehen, voller Unmut über teure Nachforderungen (siehe boersenblatt.net/1027318). Denn rechtlich ist die Lage ja klar: Entweder sie halten sich an die Pflicht, weisen die Mehrwertsteuer für Bücher (7 Prozent) und dazu gehörende Online-Angebote (19 Prozent) ab 2016 getrennt aus – oder sie riskieren Ärger. Christian Sprang, Justiziar des Börsenvereins, erklärt: »Wer der Pflicht nicht nachkommt – egal ob als Händler, Großhändler oder Verlag – läuft Gefahr, bei einer Steuerprüfung zur Zahlung des fehlenden Umsatzsteuerbetrags aus eigener Kasse herangezogen zu werden.« Theoretisch wäre, bei einer sogenannten schuldhaften Begehungsweise, sogar die Anwendung steuerstrafrechtlicher Tatbestände vorstellbar – »davon ist bei unseren Fällen in der Regel aber nicht auszugehen«.
Dass vermutlich keiner vor Gericht muss, wenn die Neuregelung intern nicht pünktlich umgesetzt wird, senkt zwar das persönliche Risiko, nicht jedoch das unternehmerische, sowohl mit Blick auf die möglichen Kosten als auch mit Blick auf die Kundenbindung. Könemann: »Kunden erwarten ab Januar korrekte Rechnungen, nicht erst im Februar oder März.«
Den meisten Buchhändlern ist dieses doppelte Risiko durchaus bewusst, auch wenn viele von ihnen noch keine fertige Komplettlösung haben. Timm Riedl etwa, Leiter E-Business bei Lehmanns, arbeitet mit seinem Team derzeit unter Hochdruck daran, E-Bundles gegenüber Kunden ab Januar korrekt abrechnen zu können. Gleichzeitig weiß er, dass es damit allein nicht getan ist: Verlage und Kataloganbieter seien ebenfalls gefordert, sagt er. »Wir hoffen, dass auch die Lieferanten bis dahin ihre To-do-Liste abschließen und wir 2016 beim Import von elektronischen Belegen und Metadaten ie vollständigen Bundle-Daten geliefert bekommen« – was aber gerade mit Blick auf internationale Verlage schwierig werden dürfte (siehe Umfrage).
Steuerupdate der Systeme
Für Buchhändler bleibt jetzt vor allem eines zu tun: Sie müssen prüfen, ob ihr Warenwirtschaftssystem oder ihre Kassensoftware die E-Bundle-Besteuerung abbildet – oder ob ein Update nötig ist. Falls noch Altsysteme im Einsatz sind, deren Anbieter längst vom Markt verschwunden sind und ergo auch keine Updates mehr liefern, wäre ein Umstieg auf ein neues System erforderlich. Und das braucht Zeit.
Bei allem ist aus Sicht der Rechtsabteilung des Börsenvereins zu beachten, dass sich nicht jedes E-Bundle auch als solches zu erkennen gibt, Händler auf die korrekten Angaben der Anbieter, sprich: Verlage, angewiesen sind. In einem FAQ haben die Juristen das Wichtigste zum Thema kurz für die Branche zusammengefasst. Die Hinweise zeigen, dass letztlich keiner um die Anpassung an die 7 / 19-Regel herumkommt:
- Als E-Bundle definiert das Bundesfinanzministerium ein Printprodukt (Buch, Zeitschrift, Zeitung), zu dem ein Kunde zusätzlich eine elektronische Leistung erhält, in der Regel mithilfe eines Codes. Dabei kann es sich um ein E-Book handeln, ein E-Paper, eine Datenbank oder eine App.
- Schätzungen zufolge gilt die Definition für Zehntausende Titel, wobei die beiden Mehrwertsteuersätze (7 Prozent für den Printanteil, 19 Prozent für die elektronische Leistung) selbst dann zu erfassen sind, wenn ein Kunde für das digitale Add-on gar nicht extra zahlt. Das unterscheidet E-Bundles von Kombiprodukten aus Büchern und Non-Books, für die in der Regel ein einheitlicher Mehrwertsteuersatz gilt, der dem Satz des charakterprägenden Bestandteils entspricht.
- Warenwirtschafts- und Kassensysteme müssen künftig zwei Mehrwertsteuersätze verarbeiten können – innerhalb eines Verkaufs an Endkunden.
- Die Finanzbehörden werden sich ab 2016 in puncto Mehrwertsteuer-Split immer an den halten, der steuerpflichtig ist – in der Praxis also in erster Linie an den Händler, der den Kaufvertrag mit dem Kunden abschließt.
Infos vom Börsenverein
Auf seiner Website informiert der Börsenverein darüber, was Buchhandlungen und Verlage tun können, um 2016 nicht ins Visier der Steuerprüfung zu geraten. Die AG PRO (Prozesse, Rationalisierung, Organisation) stellt zudem eine Checkliste bereit und hat in ihrer jüngsten Sitzung mit Nachdruck an die Branche appelliert, sich um das Thema E-Bundles zu kümmern.
Die AG Pro hat zum Thema E-Bundles eine Reihe von Best-Practice-Beispielen entwickelt (für eine Anpassung der ONIX- und Eancom-Standarddaten), außerdem gibt es eine FAQ-Liste der Rechtsabteilung des Börsenvereins. Beide Dokumente gibt es unter boersenverein.de/agpro
Mehr zum Thema auf boersenblatt.net:
Handreichung zu E-Bundle-Produkten
Ist bei der Bundle-Besteuerung alles im Lot? Sonntagsfrage an Stefan Könemann, Barsortiment Könemann