Geschwister-Scholl-Preisträger gestorben

Arno Gruen ist tot

22. Oktober 2015
von Börsenblatt
Der Psychoanalytiker und Buchautor Arno Gruen ist am Dienstag, den 20. Oktober 2015 im Alter von 92 Jahren in Zürich verstorben, teilt der Klett-Cotta Verlag mit. Gruen beschäftigte sich vor allem mit den Ursachen für Gewalt und Fremdenhass, 2001 erhielt er den Geschwister-Scholl-Preis.

Am 26. Mai 1923 in Berlin als Sohn jüdischer Eltern geboren, emigrierte Arno Gruen 1936 mit seiner Familie in die USA. Nach dem Studium der Psychologie leitete er ab 1954 die psychologische Abteilung der ersten therapeutischen Kinderklinik in Harlem. Es folgten Professuren in Neurologie und Psychologie. Seit 1979 lebt und praktiziert Arno Gruen in der Schweiz.

In seinen zahlreichen Veröffentlichungen beschäftigt sich Arno Gruen mit den psychologischen Ursachen für Gewalt und Fremdenhass, mit den Voraussetzungen für Autoritätsgläubigkeit und Demokratie, schreibt Klett-Cotta in der Trauermitteilung. Für "Der Fremde in uns" erhielt Arno Gruen im Jahr 2001 den Geschwister-Scholl-Preis.

Im Zentrum seines Denkens stehe der Mensch und seine Deformation durch Sozialisierung und Erziehung: Menschen sind nicht von Natur aus schlecht, so sein Grundgedanke. Es sind die Kulturen, nicht zuletzt die westlichen, die Selbstverrat und Hass hervorbringen. Kein Psychoanalytiker habe seine tiefenpsychologischen Untersuchungen so unbeirrbar mit einer grundsätzlichen Zivilisationskritik verbunden wie Arno Gruen.

Bis zuletzt setzte er sich mit aktuellen gesellschaftlichen Themen auseinander, fährt Klett-Cotta fort, so in seinem 2015 erschienen Buch "Wider den Terrorismus", in dem er sich unter anderem mit den Anschlägen in Frankreich auseinandersetzt. Bis vor wenigen Wochen habe Gruen noch an seinem neuen Buch gearbeitet. "Wider die kalte Vernunft", eine fundamentale Kritik der abstrakten Rationalisierung, erscheint im Januar 2016.