Zwei, die sich ergänzen
Die Beziehung zwischen Buchhandel und Selfpublishern könnte enger sein – zu beiderseitigem Vorteil, meint Vera Nentwich. Denn der Markt der selbst veröffentlichten Bücher wächst dynamisch.
Die Beziehung zwischen Buchhandel und Selfpublishern könnte enger sein – zu beiderseitigem Vorteil, meint Vera Nentwich. Denn der Markt der selbst veröffentlichten Bücher wächst dynamisch.
Die Zuwachsraten im Selfpublishing, also dem unabhängigen Veröffentlichen der eigenen Werke, sind immens. Doch die große Chance, die darin liegt, wird vom Buchhandel nur begrenzt wahrgenommen. Das sollte sich ändern.
Abschotten, pauschales Ablehnen oder Verteufeln von Selfpublishing, wie es in Teilen des Markts seit Jahren versucht wird, sind keine Lösungen. Die durch das Selfpublishing entstehende Dynamik im Buchmarkt ist, richtig gelenkt, ein Gewinn für alle Beteiligten. Schon jetzt zeigt sich, dass die unabhängigen Autorinnen und Autoren neue Leserkreise erschließen und Nischen bedienen, die von Verlagen links liegen gelassen werden. Während sich der Gesamtbuchmarkt um seine Leserzahlen sorgt, wachsen die Zahlen im Selfpublishing stetig.
Längst schielen die großen Publikumsverlage zum Selfpublishing und versuchen nicht nur, erfolgreiche Autorinnen und Autoren zu werben, sondern auch, neue Marketingideen zu kopieren. Denn Selfpublisher sind im Schnitt viel näher an der Zielgruppe und können schneller auf Trends reagieren, als es schwerfälligen Verlagen möglich ist.
Darin liegen die Chancen für den stationären, inhabergeführten Buchhandel. Er kann sich schließlich nur mit besserem Service und engem Kundenkontakt gegen die großen Ketten und den Onlinehandel durchsetzen. Selfpublishing bietet ihm Titel jenseits der üblichen Verlagsprogramme. Der Hardcore-SciFi-Fan kann genauso bedient werden wie ein Anhänger anderer Nischenthemen. Die unabhängigen Autorinnen und Autoren sind flexibel, engagiert, offen für Ideen und damit eine ideale Basis für neue Marketingideen und vielfältige Aktionen. So ist die Buchstartparty zum neuen Buch meiner Biene-Hagen-Krimireihe in der heimischen Willicher Buchhandlung bereits Tradition und füllt die Buchhandlung immer wieder.
Natürlich stellt sich die Frage für den Buchhandel, wie man bei ca. 50.000 jährlichen Neuerscheinungen im Selfpublishing die Spreu vom Weizen trennt. Der Selfpublisher-Verband versucht, Hilfestellung zu geben. Zum einen zeigt der Deutsche Selfpublishing-Preis, den wir jährlich gemeinsam mit MVB verleihen, welche Perlen zu finden sind. Zum anderen versuchen wir, den Austausch zwischen Buchhandel und Selfpublishing auszubauen.
Die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Barsortiment Umbreit und unsere gemeinsame Veranstaltung "Dialog zwischen Buchhandel und Selfpublishing" sind ein erster Ansatz. "Das Barsortiment Umbreit beobachtet bereits seit einigen Jahren, dass das Segment der Print-on-Demand-Bücher und daraus folgend auch Selfpublishing im Markt an Relevanz gewinnt. Wir wollen bei Buchhandlungen das Interesse für selbst verlegte Bücher wecken sowie Vorurteile abbauen und zudem die Selfpublisher dafür sensibilisieren, dass man sich mit den wirtschaftlichen Gepflogenheiten der Branche auseinandersetzen muss und eine realistische Einschätzung der Relevanz des eigenen Werks vonnöten ist", stellt Heiko Dörr, Unternehmenssprecher bei Umbreit, fest.
Ich will ehrlich sein: Ohne die Bereitschaft des Buchhandels, sich die passenden Perlen aus dem Angebot herauszusuchen, wird es nicht gehen. Aber es lohnt sich. Die Alternative wäre es, die Zukunft den großen Onlineplattformen zu überlassen. Wollen wir das? Bei unserer letzten Mitgliederbefragung war es 85 Prozent unserer Mitglieder wichtig, das eigene Buch im stationären Buchhandel zu platzieren. Ein Eisen, das der Buchhandel schmieden sollte, solange es heiß ist …