Hotlist-Preis für Bücher aus unabhängigen Verlagen

Edition Nautilus räumt doppelt ab

17. Oktober 2019
Redaktion Börsenblatt
Gewinnertitel für Hauptpreis und Melusine-Huss-Preis der Hotlist ist Jakuta Alikavazovics Roman „Das Fortschreiten der Nacht“, der Preis wurde am Mittwochabend auf der Frankfurter Buchmesse verliehen. Nils Kahlefendt berichtet von der Preisverleihung durch den unermüdlich erfindungsreichen Verein Hotlist. 

Der Preis der Hotlist wurde schon in Abrisskaufhäusern und schummrigen Musikschuppen verliehen, man stand auch mal nachts mit Bierflaschen um dekorativ brennende Ölfässer herum, als wäre man im Brooklyn der 70er und nicht in Frankfurt der Nullerjahre. Richtig groß wurde die Hotlist-Sause im Literaturhaus, die anschließende Party war Pflichttermin, nicht nur für Indie-Verleger*innen.

Diesmal fand die Preisverleihung am Messemittwoch, 18.30 Uhr im Lesezelt auf der Agora der Frankfurter Buchmesse statt – ohne Party danach (die gibt’s am Freitag an alter Stelle), in einem nicht nur thermometermäßig leicht unterkühlten Ambiente und – unerhört! – turbomäßig in unter einer Stunde handgestoppter Zeit. Der Berichterstatter gibt zu, dass er sich ein wenig nach den Moderationsschlaufen und spontanen Endlosinterviews, die er einstens still verfluchte, zurücksehnte. Sie gehörten zum Format wie das regelmäßige Überziehen von Gottschalk bei „Wetten, dass...“ Schließlich wollte die Hotlist nie ein disziplinierter Deutscher Buchpreis im Bonsaiformat sein, sondern eben auch das Anarchische des Indie-Verlegertums quasi live zur Aufführung bringen. Die Verleihung des Deutschen Verlagspreises am kommenden Freitag hatte nun zur Ausweich-Variante am Mittwoch geführt; der unermüdliche Lilienfeld-Verleger Axel von Ernst, mit Viola Eckelt die Seele der Hotlist, tat sein Bestes, die Lagerfeuer-Atmo der frühen Tage aufs Messegelände zu retten.  

Nach dieser Moderationsschlaufe zu den Fakten: Der mit 5000 Euro dotierte Preis der Hotlist geht an die Hamburger Edition Nautilus, die für den Roman Das Fortschreiten der Nacht von Jakuta Alikavazovic ausgezeichnet wird. In diesem Jahr geht auch der von Buchhändlerinnen und Buchhändlern im Rahmen der Hotlist vergebene Melusine-Huss-Preis an die Edition Nautilus, ebenfalls für Jakuta Alikavazovics Roman. Damit kommt es erstmals in der 11-jährigen Geschichte der Hotlist zu einer Preisdoppelung. Den Dörlemann ZuSatz (Satzkosten im Wert von 1500 Euro) erhält der Verlag weissbooks.w für Lennardt Loß' Debüt „Und andere Formen menschlichen Versagens“.

In der Jurybegründung für den Hauptpreis heißt es: "In ihrem Roman Das Fortschreiten der Nacht gelingt es der französischen Autorin Jakuta Alikavazovic bewundernswert, komplexe Zusammenhänge aus vererbtem Trauma, Angst, Erinnerung und Familiengeschichte zu einem mitreißenden Liebesroman zu verweben, in dem Liebe und Politik, Vergangenheit und Krieg, Kunst und Schmerz untrennbar miteinander verbunden sind. Der Hamburger Edition Nautilus gebührt großer Respekt dafür, diesen vielschichtigen Roman einem deutschen Lesepublikum nahezubringen."

Ist es nach 11 Jahren überflüssig zu erwähnen, dass jedes der anderen acht Bücher auf der Hotlist - vom Langgedicht bis zum Sachbuch über den Tod in säkularen Zeiten - auf seine Art preiswürdig gewesen wäre? Wir tun es sicherheitshalber trotzdem: Bei diesem um Sichtbarkeit für Indie-Verlage bemühten Unternehmen gilt der olympische Gedanke - dabei sein ist alles! 

Zur Jury gehörten in diesem Jahr die Buchhändlerin und Bloggerin Manu Hofstätter (lesefieber.ch), Klaus Kowalke (Buchhandlung Lessing und Kompanie), Bettina Schulte (Badische Zeitung) und die Kritikerin Sabine Vogel.

Die Hotlist präsentiert die Bücher des Jahres aus unabhängigen Verlagen des deutschsprachigen Raums. Die Liste entsteht durch eine Kombination aus Internetwahl und Juryentscheidung. Sie wurde 2009 gegründet und wird vom gemeinnützigen Verein der Hotlist organisiert und ehrenamtlich getragen. 2019 beteiligten sich 160 unabhängige Verlage am Wettbewerb, 4735 Menschen nahmen an der Internetabstimmung über die Liste teil.