Lediglich bei einer Gesellschaft, die weder Mitarbeiter beschäftigt, noch operativ tätig ist und daher keine Auswirkungen auf die KNV Gruppe hat, wurde das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, teilen KNV und anchor Rechtsanwälte mit.
Über folgende Unternehmen hat das Amtsgericht Stuttgart am 1. Mai die Eröffnung der Insolvenzverfahren beschlossen, ergänzt der Insolvenzverwalter auf Anfrage:
- Volckmar & Köhler GmbH
- F. Volckmar GmbH & Co KG
- KN Immobilien GmbH & Co. OHG
- Koch, Neff & Oetinger Verlagsauslieferung GmbH
- KNV Logistik GmbH
- Koch, Neff & Volckmar GmbH
Bei der F. Volckmar B.V., der persönlich haftenden Gesellschafterin (juristisch: Komplementärin) der Holding, habe Rechtsanwalt Tobias Wahl in seinem Gutachten empfohlen, das Verfahren "mangels Masse" nicht zu eröffnen. Hierzu habe das Gericht "nach unserer derzeitigen Kenntnis noch keinen Beschluss gefasst", so Wahl. Das Gericht werde hierzu die Geschäftsführer noch anhören. Die F. Volckmar B.V. verfüge weder über Vermögen, noch über Personal und stelle eigentlich nur eine "juristische Hülle" dar, so Wahl.
Vor der Eröffnung der Insolvenzverfahren hätten die Geschäftsleitung und der Sanierungsexperte Tobias Wahl den Geschäftsbetrieb bei der KNV Gruppe stabilisiert und fortgeführt. Durch konstruktive Gespräche des Insolvenzverwalters mit Verlagen, Lieferanten und dem Bucheinzelhandel sei es gelungen, das Vertrauen im Buchmarkt auf dem Niveau vor der Insolvenzanmeldung wiederherzustellen. Mit dazu beigetragen hätten auch die vielen deutschlandweit organisierten Informationsveranstaltungen des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, bei denen Tobias Wahl den Teilnehmern ihre Fragen beantwortete (siehe Archiv).
Im Ergebnis haben die Verlage die Belieferung an KNV zügig wieder aufgenommen, heißt es weiter. Der für die gesamte Buchbranche existentiell wichtige Warenkreislauf konnte somit von den einzelnen Verlagen über KNV an die Buchhandlungen fortgesetzt werden. Nach anfänglichen insolvenzbedingten Verzögerungen unmittelbar nach den Insolvenzanträgen im Februar habe sich der Geschäftsbetrieb normalisiert. Inzwischen habe KNV wieder 95 Prozent seines bisherigen Einkaufvolumens bei den Verlagen erreicht, sodass die Buchhandlungen auf ein sehr breites Artikelspektrum zugreifen könnten. "Das Vertrauen ist da und der Buchkreislauf zirkuliert weiter. Das ist ein wichtiger Baustein und ein solides Fundament für die Zukunftssicherung der KNV Gruppe", sagt Insolvenzverwalter Wahl.
Löhne und Gehälter werden gezahlt
Nach Ablauf des Insolvenzgeldzeitraums und der Eröffnung der Insolvenzverfahren werden die Löhne und Gehälter der rund 1.800 Mitarbeiter an allen KNV-Standorten inzwischen wieder von den Gesellschaften selbst gezahlt.
Investorenprozess gestartet
"Mein Ziel ist es, die KNV Gruppe an einen starken Erwerber als Ganzes zu übertragen und möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten", erklärt Tobias Wahl. Oberstes Ziel sei es weiterhin, die KNV-Unternehmen langfristig und robust am Markt zu positionieren. Inzwischen sei auch der strukturierte Verkaufsprozess gestartet, der von einem M&A-Beratungsunternehmen durchgeführt wird und im vollen Gange sei.
Die in Frage kommenden potentiellen Erwerber wurden identifiziert und nehmen an dem M&A-Prozess teil. Die Interessenten nehmen die Möglichkeit einer vertieften Prüfung im Rahmen einer Due Diligence wahr. Aufgrund der strikten Vertraulichkeit nennt der Insolvenzverwalter weder Namen noch die Anzahl Bieter und gibt auch keine Angaben zu den Interessenten.
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Gläubigerausschuss
Unterdessen hat das Amtsgericht Stuttgart auf Anregung des Börsenvereins Rechtsanwalt Albrecht Tintelnot als Vertreter für die konzernunabhängigen Verlage in die beiden Gläubigerausschüsse von KNV und KNO VA berufen. Damit komme das Amtsgericht einer wichtigen Bitte der Branche nach, einen Vertreter für die Interessen kleinerer Verlage in diese wichtigen Gremien zu entsenden, teilt der Pressesprecher von Tobias Wahl mit.
In einem Insolvenzverfahren hat der Gläubigerausschuss die Aufgabe, den Insolvenzverwalter bei seiner Arbeit zu unterstützen und zu überwachen. Die Mitglieder eines Gläubigerausschusses vertreten dabei die Interessen aller Gläubiger. Somit wird auch den kleinen und kleineren Verlagen eine wichtige Beteiligung bei dem weiteren Verfahrensverlauf eingeräumt. Albrecht Tintelnot ist nicht nur Gesellschafter der Mediengruppe Oberfranken Fachverlage, die ebenfalls zu den Insolvenzgläubigern gehört, sondern kennt sich auch als Wirtschaftsanwalt im Insolvenzrecht bestens aus. In dieser Eigenschaft berät er seit langer Zeit auch den Börsenverein des Deutschen Buchhandels.
In Deutschland gilt in der Buchbranche der einfache Eigentumsvorbehalt als Handelsbrauch. Das heißt im Zuge der KNV-Insolvenz für Verlage mit Sitz in Deutschland: Sie behalten bis zur vollständigen Bezahlung das Eigentum an ihren Büchern, solange sich diese noch im Lager des belieferten Großhändlers befinden. Diese Rechtsauffassung gilt auch zu Gunsten jener Verlage, die keinen Eigentumsvorbehalt ausdrücklich vereinbart haben.
Die Kanzlei des Insolvenzverwalters der KNV, anchor Rechtsanwälte, hat nun bestätigt, dass dieser deutsche Handelsbrauch auch Anwendung auf die Verträge der KNV mit österreichischen, schweizer, britischen und amerikanischen Verlagen findet. Auch in diesen Verträgen muss ein Eigentumsvorbehalt somit nicht ausdrücklich vereinbart worden sein.
Für die betroffenen ausländischen Verlage bedeutet das: Alle an KNV gelieferten, aber noch nicht bezahlten Bücher, die der Großhändler am Stichtag 14.02.2019 (Datum des Insolvenzantrags) auf Lager hatte und die noch nicht an Buchhandlungen weiterverkauft waren, sind nach wie vor Eigentum der Verlage. Wenn KNV diese Bücher verkauft, zahlt KNV den vereinbarten Kaufpreis an den Verlag. Damit steht der Verlag deutlich besser da, als nach Abschluss des Verfahrens eine Quote auf offene Forderungen zu erhalten, führt der Insolvenzverwalter aus.
Termine:
- Die Anmeldung der Insolvenzforderungen hat bis zum 18. Juli 2019 schriftlich beim Inslovenzverwalter zu erfolgen.
- Die Prüfung der angemeldeten Forderungen erfolgt im schriftlichen Verfahren am 1. Oktober 2019.
- Die erste Gläubigerversammlung, der sogenannte Berichtstermin, findet am 25. Juli 2019 beim Amtsgericht in Stuttgart statt.