Nach dem Auslaufen des 2016 mit Haufe (vormals LSL) geschlossenen Vertrags über die Messebuchhandlung plant die Leipziger Buchmesse offenbar, den Buchverkauf ab 2020 grundsätzlich neu zu regeln.
War der Betreiber der Buchhandlung bislang verpflichtet, alle Aussteller (freilich in Relation zur Standgröße) aufzunehmen, soll die künftige Messebuchhandlung laut eines dem Börsenblatt vorliegenden Konzept-Papiers nach dem Sortiments-Prinzip organisiert werden – die Entscheidung über die aufgenommenen Titel liegt dann allein beim Betreiber. Einzige Einschränkung: Verlage, deren Titel in der Messebuchhandlung präsentiert werden, müssen Aussteller der Buchmesse sein.
Für die bislang existierenden drei Buchhandlungen mit unterschiedlicher thematischer Ausrichtung
- Messebuchhandlung (Halle 4, 1.334 Quadratmeter),
- Kinderbuchhandlung (Halle 2, 918 Quadratmeter),
- Phantastikbuchhandlung (Halle 2, 306 Quadratmeter)
wird jeweils ein Partner mit passendem Konzept gesucht. Denkbar ist für die Messe offenbar auch, dass ein Partner mehrere Standorte betreibt.
Laut Buchmesse ist derzeit an einen Vierjahresvertrag bis 2023 gedacht. Der eigentlichen Ausschreibung, an deren Feinjustierung noch gearbeitet wird, ist ein so genannter Teilnahmewettbewerb vorgeschaltet, mit dem die Messe den Pool der potenziellen Interessenten sondieren will.
Mit der Neuvergabe der Messebuchhandlung einhergehend, soll ab 2020 der Buchverkauf auf der Messe freigegeben werden – unter Berücksichtigung von Auflagen wie der Einhaltung der Buchpreisbindung, die in den Geschäftsbedingungen fixiert werden sollen. Die Übergabe in die Verantwortung der Verlage soll sowohl für den Verkauf am Stand als auch für Büchertische zu Veranstaltungen gelten. Die Aussteller sollen dann frei entscheiden können, ob sie den Verkauf selbst organisieren oder eine Buchhandlung beauftragen wollen.
"Ich glaube, dass die bestehende Konstruktion durchaus noch ein, zwei Jahre weitergetragen hätte. Aber wir haben bei unserer Entscheidung in die Zukunft gedacht", so Buchmesse-Direktor Oliver Zille im Interview mit dem Börsenblatt. Zille, der bislang als vehementer Gegner der Verkaufs-Freigabe galt, erklärt sein Umdenken mit den veränderten Marktbedingungen ebenso wie mit dem Wachstum der Messe. "Der Kampf in der Medienkonkurrenz wird noch drastischer ausgefochten werden, das Thema 'Sichtbarkeit der Literatur' verlangt eine Bündelung aller Kräfte. Wenn wir die Messe als Leser- und Autorenmesse zum Erfolg bringen wollen, dann ist es richtig und konsequent, jetzt diesen Schritt zu gehen."
Bislang konnten Aussteller nur direkt über die Messebuchhandlung beziehungsweise deren mobile Kassen am Stand oder bei Veranstaltungen verkaufen. Ausgenommen von dieser Regelung waren die Verkäufe an der Manga-Comic-Con (MCC), der Antiquariatsmesse und dem Messe-Segment Grafik und Buchkunst.
Lohnt sich eine Buchhandlung aus sich selbst für 4 Tage?
Wird es Bewerber geben?
Wie wird die Lizensierung zum Freiverkauf kontrolliert?
Wie wird steuerliche Rechtssicherheit der Verlage beim Verkauf gesichert?
Und wer garantiert wem den ordentlichen Ablauf?
Und mit welchem organisatorischen Aufwand?
Vielleicht wird Verschenken billiger?
Bei einer Bestückung der Messebuchhandlungen nach dem Sortimentsprinzip wird die Titelauswahl zwischen den Sortimenter und den Vertretern der Großverlage ausgemacht. Da kann man gleich ganz darauf verzichten, weil dann das Sortiment so aussieht wie beim Filialisten in der nahen City. Für die Besucher gibt es da keinen Mehrwert.
Ohne mobile Kassen müssen die Aussteller außerdem eigene Kassen mitbringen (und jeden Abend wegschließen) oder auf den Verkauf verzichten.
Mit einer 'marktorientierten' Bestückung der Messebuchhandlung und einem Wegfall der mobilen Kassen werden für Kleinverlage wichtige Services gestrichen. Dementsprechend sollte dann zumindest auch die Standmiete reduziert werden.
Die Mobile-Kasse sehen viele Kleinverlage nicht als Service, sondern als Abzocke! 38% Ist teilweise mehr als das was ein Stationärer Buchhändler an Rabatt bekommt, und der muss davon nicht nur sein Personal bezahlen, sondern auch die Ladenmiete, Strom usw. Aber alle Nebenkosten, wie Beratung der Leser/Kunden, die Standmiete usw. tragen die Verlage.
Es gab bei uns im Bereich Halle 2 bei den Fantasy-Verlagen immer zuwenig Mobile-Kassen. Nachdem wir im letztem Jahr immer eine Kasse suchen mussten, die Leser/Kunden nicht 20 Minuten warten wollten und weggegangen sind, haben wir in diesem Jahr,mit Ankündigung, wenn keine Kasse sichtbar/auffindbar war, selbst kassiert. Immer dann, wenn die Kunden gehen wollten, haben wir dieses Jahr selbst kassiert. In der Wartezeit und während der Suche nach einer Kasse, muss man den Kunden irgendwie bei Laune halten, sprich man kann sich nicht wirklich auf andere Kunden konzentrieren und ins Gespräch kommen.
Wir haben das mal ausgerechnet, würden wir selbst für diese Veranstaltung eine 450 € Kraft zum Mindestlohn einstellen, hätten wir immer eine Kassiererin am Messestand und sie käme günstiger!
Und noch ein Punkt. Die Abrechnungen mit Haufe haben nie gestimmt. Es fehlten immer 10-30 Bücher. Wir haben von Anfang an immer Strichlisten geführt, diese Listen stimmten nie mit den Zahlen von Haufe überein.
Wäre die Mobile-Kasse 2020 weiterhin geblieben, hätten wir als Verlag mal 2 Jahre ausgesetzt und hätten als Ausgleich voll auf die neue Buchmesse-Saar in der Zeit gewechselt.
Sehr viele Kleinverlage sind auf vielen kleinen Veranstaltungen und müssen dort auch selbst kassieren. Für diese wird sich nichts ändern, außer das mehr am Ende übrig bleibt und sie nicht für eine Leistung bezahlen müssen, die sie auch sehr gut alleine abwickeln können.
In den vergangenen Jahren war der Direktverkauf am Stand bei kleineren Verlagen außerhalb der Halle 3 zwar nicht erlaubt, aber (wie auch in Frankfurt) nach unsere Erfahrung stillschweigend geduldet worden. In diesem Jahr wurden dagegen sogar schon Beweisfotos (!) am Stand gemacht, wenn die Bücher nur mit einer Preisangabe versehen waren, was zur Information der Besucher doch unbedingt notwendig ist.
Wir hatten deshalb erwogen, im kommenden Jahr nicht mehr in Leipzig auszustellen, denn eine "Publikumsmesse" ohne direkten und unbürokratischen Verkauf an das Publikum ist angesichts der enormen Kosten einfach nicht mehr lohnend und auch nicht zeitgemäß. Wenn nun aber das neue Messekonzept umgesetzt wird, werden wir uns 2020 wohl doch wieder anmelden