Interview mit Irmgard Clausen über das Gütesiegel Buchkindergarten

"Früh fördern"

7. Februar 2019
Redaktion Börsenblatt
Buchkindergarten: Mit diesem Gütesiegel will die IG Leseförderung des Börsenvereins Einrichtungen auszeichnen, die Kids für Sprache und Bücher begeistern. IG-Sprecherin Irmgard Clausen über das Projekt. 

Ist das Gütesiegel eine Antwort auf die "Hamburger Erklärung" von Autorin Kirsten Boie, die mehr Leseförderung anmahnt?
Könnte man meinen, aber: Die Idee ist viel älter. Doch bis daraus eine Gütesiegelvergabe mit Hand und Fuß geworden ist, bis Sponsoren gefunden waren, hat es gut drei Jahre gedauert. Zudem passt diese Idee ja gut zu unseren anderen Projekten: zum "Lesekünstler", durch den Kinder tolle Autoren kennenlernen, und zur "Lesetüte" für Erstklässler. Viele Kinder bekommen mit der Tüte ihr erstes eigenes Buch.

Warum setzen Sie mit dem neuen Gütesiegel schon im Kindergarten an?
Wir wissen: Je früher Kinder einen kreativen Umgang mit Sprache lernen, umso besser ist es für ihre Entwicklung. Diese Erkenntnis sollte auch in den Elternhäusern Niederschlag finden, aber das ist eben leider nicht überall der Fall. Kindergärten sind Orte, an denen unabhängig vom Elternhaus spielerische "Erstkontakte" zu Büchern geknüpft werden können. Es gibt Waldkindergärten, Sport- und Musik-Kitas: Warum also nicht auch einen Buchkindergarten?

Welche Anforderungen werden an einen Buchkindergarten gestellt?
Die Kitas sollen einen Fragebogen ausfüllen, der den Schwerpunkt Buch in ihrer Einrichtung widerspiegelt: Wie oft wird vorgelesen? Gibt es eine Bibliothek, die Kinder frei benutzen können? Gibt es Bücher zu bestimmten Themen? Wie wird Sprache vermittelt und gefördert? Außerdem sollten die Kindergruppen mindestens zweimal im Jahr in die örtliche Bibliothek und einmal im Jahr in die Buchhandlung gehen.

Wer hatte die Idee dazu?
Der Impuls kam aus unserer Interessengruppe im Börsenverein. Jutta Bummel von der Buchhandlung Eulenspiegel in Hochheim hatte überlegt, wie wir Literatur stärker ins Bewusstsein von Erzieherinnen rücken können. Wir müssen uns ja im Alltag oft mit solchen Argumenten wie "Kita-Kinder können doch noch gar nicht lesen" herumschlagen. Dabei können Kinder Bilder dechiffrieren und lesen, sogar besser als Erwachsene. Zudem lernen sie durch Bücher mehr über sich und ihre Welt.

Wie können sich Kitas bewerben?
Der Anstoß sollte von der örtlichen Buchhandlung kommen! Buchhändler haben die großartige Möglichkeit, mit den Kitas in ihrem Umfeld in Kontakt zu kommen. Selbstverständlich kann sich aber auch jede Kita selbst bewerben.

Zu den Sponsoren gehören Verlage wie Beltz, Moritz, Oetinger und Thienemann, aber auch die Taunus-Sparkasse und: eine Buchhandlung. Wie das?
Der Buchhandlung Eulenspiegel ist es ein selbstverständliches, wichtiges Anliegen, Sprache und Lesen schon früh zu fördern. Sortimente wie Verlage wissen, dass sie in 20 Jahren keine Leser haben werden, wenn wir nicht jetzt Anstrengungen unternehmen, die Kinder zu einem autonomen Lesen zu führen. Das heißt: Wir investieren in ein positives Klima fürs Buch!

Das neue Gütesiegel Buchkindergarten
  • Partner: IG Leseförderung des Börsenvereins, Kommission Kinder- und Jugendbibliotheken, Deutscher Bibliotheksverband
  • Ziele: Förderung von Sprach- und Lesekompetenz, Chancengleichheit
  • Schirmherr: Autor Paul Maar, für den das (Vor-)Lesen "nicht nur die Fantasie, die Sprachfähigkeit und das Denken fördert, sondern auch die emotionale Intelligenz"
  • Kriterien: u. a. regelmäßiges Vorlesen, eine gut gepflegte eigene Bücherei, Zusammenarbeit mit Buchhandlung / Bibliothek. Kurzum: besondere Initiative und tägliches Engagement für die Leseförderung
  • Bewerbung: Buchhandlungen können Kindergärten bis zum 31. Mai vorschlagen. Im Oktober werden die Gütesiegel dann vergeben. Details unter www.guetesiegel-buchkindergarten.de/bewerbung