Don Dahlmann, Journalist und Blogger

Mehr Leben auf Verlagswebseiten!

3. März 2015
Redaktion Börsenblatt
Verlage sollten ihre Investitionen lieber in Facebook als in die eigene Webseite stecken, sagen Experten. Sie liegen falsch, meint Don Dahlmann. Twitterstreams, YouTube-Kanäle, Blogs usw. gehören, hübsch kuratiert, auf die eigene Plattform, so der Journalist und Blogger. Was fehlt? Die richtige Digitalstrategie!

Facebook, Twitter, YouTube, oder die Webseite? In den letzten zwei Jahren hat es viele Diskussionen darüber gegeben, wo und wie man Inhalte transportieren und sich mit seinen Kunden vernetzen kann. Facebook hat bei vielen Verlagen eine wichtige Rolle eingenommen, allerdings ist auch hinlänglich bekannt, dass man sich dort die nötige Reichweite nur gegen Bezahlung erkaufen kann. Auch wenn einige Experten in den letzten Jahren der Meinung waren, dass man seine Investitionen lieber in Facebook als in die eigene Webseite stecken sollte – sie liegen meist falsch. Wenn man es richtig macht, dann kann die Webseite das Rückgrat der Selbstdarstellung und Vermarktung im Netz sein. Statt sich in der Kommunikation von einem Anbieter abhängig zu machen, kann man zumindest Teile davon wieder in die eigene Hand nehmen und damit auch unter die eigene Kontrolle bringen. Aber gilt das auch für Verlagswebseiten?

Exklusive Inhalte gehören nicht nur auf Facebook

Wie viele Unternehmen lassen sich auch Verlage die Erstellung von Inhalten für Social Media und die eigene Webseite einiges kosten. Strategien wollen entworfen werden, eigenes Personal oder eine Agentur werden dafür bezahlt. Um so erstaunlicher ist es, dass bei fast allen großen Verlagsseiten die Social Media Inhalte überhaupt nicht vorkommen. Zwar wird oft, wenn auch etwas versteckt, auf die eigenen Social Media Aktivitäten hingewiesen, aber zu sehen bekommt man sie nur, wenn man die Webseite wieder verlässt. Mit anderen Worten: exklusive Inhalte, für die Geld ausgegeben wird, finden ausgerechnet dort nicht statt, wo sie auch zu sehen sein sollten. Warum sollte man für etwas Geld ausgeben, um es dann zu verstecken? Interaktionen finden auf den meisten Verlagswebseiten nur außerhalb des eigenen Universums statt.

Mit diesem Problem stehen Verlage nicht alleine da. Die Trennung zwischen den Inhalten der Webseite, PR und Social Media wird in vielen Unternehmen scharf gezogen. Dabei sollte man sich allerdings fragen, ob dies einerseits zeitgemäß, andererseits effizient ist. Eine 360°-Grad-Lösung für die Gesamtkommunikation ist empfehlenswert und wird auch schon von einigen Unternehmen betrieben. Ein gutes Beispiel, wie man die eigenen PR-Inhalte und die von Fremdangeboten zusammenfassen kann, ist der Social Media Hub der Daimler AG (http://socialpublish.mercedes-benz.com/de/) Dort werden verschiedene Nachrichtenströme aus Blogs, Instagram, Twitter usw. zusammengefasst und gleichzeitig so aufgearbeitet, dass man einen schnellen Überblick über die aktuellen Produkte bekommt. 

Es reicht allerdings nicht, ein paar RSS-Feeds zusammenzustöpseln und irgendwo versteckt auf der Webseite zu verlinken. Das Motto einer langfristig auf Reichweite und erhöhte Umsätze ausgelegten Strategie, lautet immer noch: „Content Marketing". Dabei werden die zu kommunizierenden Inhalte in langfristigen Strategien zusammengefasst - und dann von den unterschiedlichen Abteilungen in den jeweiligen Zielgruppen platziert. Für viele Unternehmen stellt sich dabei die Frage, wo die Inhalte herkommen sollen.

Blogs funktionieren als Reichweitenverstärker

Buchverlage sind in diesem Punkt gut aufgestellt. Es mangelt nicht an Inhalten, die man präsentieren und weiterreichen möchte. Neben den eigenen Autoren gibt es eine Vielzahl von Medien, Blogs, YouTube- Kanälen und Twitterstreams, die sich mit den eigenen Produkten auseinandersetzen. Eine kuratierte Zusammenfassung dieser Inhalte auf der eigenen Webseite hat gleich mehrere Vorteile. Man erhöht die eigene Reichweite, man schafft weitere Inhalte auf der eigenen Webseite, die die Leser interessieren, und man nutzt die eigenen Social-Media-Inhalte nicht mehr nur auf fremden Plattformen.

Um die Interaktion mit dem Kunden und Webseitenbesucher zu erhöhen, empfehlen sich verschiedene Möglichkeiten. Ein Live-Videochat mittels Google Hangout, in dem Autoren ihr neues Buch vorstellen und sich ausgewählten Fragen der Leser stellen, ist nur eine von vielen Möglichkeiten. Eine andere ist, mittels eines Blogs oder eines eigenen Webzines innerhalb des Webseitenangebots die Leser wieder stärker auf die eigene Seite zu führen. Dafür nutzt man als Werbeträger logischerweise auch die vielfältigen Angebote im Bereich Social Media. Gerade Blogs können, wenn sie regelmäßig geführt werden und auch mal provokative Thesen postulieren, als Reichweitenverstärker funktionieren. Gleichzeitig bieten sie die Möglichkeit, das eigene Image zu schärfen und Themenfelder zu besetzen, die bisher brach lagen.

Als Verlag ist man allein auf Grund seiner Stellung und der Autoren, die man vertritt, in der Lage eine wichtige Rolle innerhalb der gesellschaftspolitischen Diskussionen zu übernehmen. Etwas, was Verlage in den letzten Jahren viel zu selten gemacht haben. Die Lücke, die durch schrumpfende Feuilletons entstanden ist, kann durch die journalistische Arbeit ersetzt werden, die aus den Verlagen kommt. Das richtige Werkzeug haben die Verlage dafür in den Händen, sie müssen nur eine digitale Strategie und den Mut finden, diese Werkzeuge zu benutzen. Nur wer in einem schwierigen Kommunikationsumfeld seine Stimme laut erhebt, wird am Ende auch gehört. Und wer gehört wird, erhöht seine Chancen auf höhere Interaktionsraten und bessere Umsätze.

Don Dahlmann ist ein Urgestein der deutschen Internetszene. Sein erstes Blog eröffnete er 2001, seitdem schreibt er regelmäßig unter dondahlmann.de. Als Journalist arbeitet er für verschiedene Publikationen, seit 2012 sitzt er in der Jury des Grimme Online Awards. Don Dahlmann schult und berät Unternehmen, Stiftungen und Agenturen im Bereich Social Media, Internet-Kommunikation und entwirft PR-Strategien.