Social Media

Mangusten im U-Boot: Meerkat, Periscope und Video-Livestreaming für die Buchbranche

26. April 2015
von Börsenblatt
Die Echtzeitübertragung von Videos im Social Web ist leichter denn je. Zwei große Dienste buhlen seit dem Frühjahr um die Gunst der Nutzer. Der Einsatz in Marketing- und PR-Abteilungen hat Potenzial, ist aber nicht zwingend erforderlich.

Für alle, die den großen Hype im März verpasst haben: Meerkat ist eine (momentan nur für iOS verfügbare) App, die es ganz unkompliziert gestattet, Video-Livestreams in die weite Welt des Webs zu senden – mit Twitter als Hauptlinkschleuder. Jede Menge Promis, Privatpersonen, Firmen und Organisationen haben das Programm bereits eingesetzt, um ihren Followern exklusive Einblicke in Parties, Ausflüge, Produktpräsentationen und Infoveranstaltungen zu gewähren. Auch in der Buchbranche lässt sich das Tool gut für PR- und Marketingzwecke nutzen. Man denke an die Übertragung von Autorenlesungen mit anschließenden Q&As, an Gute-Nacht-Geschichten, die von ausgewählten Fans vorgelesen werden oder - vielleicht in Kombination mit Google Glass – an einen Rundgang durch beeindruckende Buchhandlungen und Barsortimentlager.

Vielleicht sollten die zuständigen PR-Menschen aber lieber gleich auf ein anderes Tool setzen, denn: Nach einer kurzen Hochphase, vor allem im Kontext des SXSW-Festivals, hat Meerkat von Twitter einen großen Tritt vors Schienbien bekommen. Der Zugang zum Social Graph wurde abgeklemmt, das Kontakt-Import-Feature von Meerkat blockiert. Kurze Zeit später veröffentlichte Twitter dann seinen eigenen, Anfang 2015 akquirierten Dienst: Periscope (z.Z. ebenfalls nur als iOS-App erhältlich).



Diesen Move kann man nun begrüßen oder verteufeln, fest steht: Das »offizielle« Video-Livestream-Tool ist trotz kleiner Schönheitsfehler leistungsfähiger und benutzerfreundlicher als Meerkat. So gibt es zum Beispiel ein Replay-Feature für Streams (warum sollte man guten Content nicht recyclen/archivieren?), und Zuschauer können der Person auf Sendung mit virtuellen Herzen »applaudieren«. Meerkat hat seinen Charme und ist mit Sicherheit noch nicht tot, aber die Entwickler müssen einiges aufholen. Aufzeichnungen im optisch wesentlich schöneren Querformat bieten derzeit übrigens weder Meerkat noch Periscope. Eine kurze, bebilderte Anleitung zur Nutzung beider Dienste findet sich hier.

Unabhängig davon, welches Tool Sie als Buchmensch in Deutschland gerne im Rahmen einer PR- und Marketing-Aktion testen möchten: Denken Sie gut über den Zeitaufwand und Kosten-Nutzenfaktor nach. Vor dem Markteintritt von Periscope hatte Meerkat weltweit gerade einmal um die 300.000 Nutzer. Anschließend ist die Gesamtzahl der User bzw. Video-Streams kaum gestiegen. Oder um Mashable zu zitieren: »There are only so many people interested in broadcasting live videos to friends and strangers. Many are likely the same early adopters and media personalities who flocked to Meerkat during its first days and are now trying Periscope. The rest of the world just want to watch – if they want do anything at all.«


Das gilt ganz besonders für den deutschsprachigen Markt, wo sich zahlreiche Verleger, Autoren und Leser noch schwer damit tun, einen einfachen Tweet oder ein Foto per Instagram abzusetzen – mal abgesehen davon, dass Netzabdeckung und -geschwindigkeit mobile Live-Streams oft noch gar nicht zulassen. Und wann haben Sie eigentlich das letzte Mal Ihren Fans und Followern einen Google Hangout angeboten oder den hauseigenen You-Tube-Kanal aufgeräumt?