Verlegerverbände protestieren gegen Bundle-Besteuerung

"Willkürlich und nicht verkraftbar"

3. März 2015
von Börsenblatt
Die rückwirkend geänderte Umsatzbesteuerung von Zeitungen und Zeitschriften mit elektronischen Inhaltsangeboten (E-Paper-Bundles) sorgt für Empörung bei den Verlegerverbänden. Zeitungs-, Zeitschriften- und Fachverlage haben eine gemeinsame Protestnote an den Finanzausschuss des Bundestages und mehrere Bundesminister verfasst.

Die gemeinsame Mitteilung im Wortlaut:


"Dies ist ein Skandal", erklärte Dirk Platte vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger, "wir fühlen uns getäuscht! Richtigerweise haben die Regierungsparteien im Koalitionsvertrag vereinbart, in der Europäischen Union auf die Erstreckung des reduzierten Mehrwertsteuersatzes auf digitale Verlagserzeugnisse zu dringen. Gleichzeitig verdonnert das Finanzministerium die Zeitungs- und Zeitschriftenverlage und den Buchhandel rückwirkend zu Steuernachzahlungen in mindestens zweistelliger Millionenhöhe. Und das, obwohl nicht einmal eindeutig geklärt ist, ob die meisten kostenlosen digitalen Zugaben zu Printabonnements nicht als Nebenleistung gewertet werden müssten."

"Gleiche Sachverhalte sollten auch gleich behandelt werden", sagte Jörg Laskowski vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger, "für sog. E-Book-Bundle hat das Bundesfinanzministerium eine sachgerechte Regelung getroffen und auf rückwirkende Nachzahlungen von Umsatzsteuer verzichtet. Wir fordern für Zeitungen und Zeitschriften die gleiche Handhabung durch die Finanzverwaltung, wie uns dies bei einem Gespräch im April letzten Jahres auch angekündigt worden ist. Alles andere ist irreführend, willkürlich und für die Unternehmen nicht verkraftbar!"

"Steuerschulden müssen für die betroffenen Unternehmen kalkulierbar und verlässlich sein", sagte Prof. Dr. Christian Sprang, Justiziar des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, "weder die Verlage noch gar der Buchhandel konnten in der Vergangenheit davon ausgehen, dass sie die Preise von Zeitschriftenabonnements mit zusätzlichen digitalen Versionen aufteilen und mit unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen berechnen mussten. Unsere Mitgliedsunternehmen erwarten in der derzeitigen Situation Vertrauensschutz für die Vergangenheit."

In der Vergangenheit haben Zeitungs- und Zeitschriftenverlage ihren Lesern vielfach Angebote unterbreitet, in denen im normalen Preis des Printabonnements ein kostenloser Zugang auf die elektronische Ausgabe enthalten war. Diese Angebote wurden nach einhelliger Handhabung mit dem reduzierten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent fakturiert.


Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs zu Sparmenüs in Schnellrestaurants rief Ende 2013 dann eine neue steuerliche Interpretation der Sachlage bei den sog. Bundles durch das Bundesfinanzministerium hervor. Dazu führten die Verlegerverbände im April 2014 ein Gespräch mit dem Ministerium. Nach Ansicht der Fachbeamten seien Gesamtpreise für Bundles grundsätzlich aufzuteilen, weil der elektronische Bestandteil dem regulären Steuersatz von 19 Prozent unterliege. Verlange der Verlag für die elektronische Zugabe einen Aufpreis, so sei dieser mit 19 Prozent zu versteuern. Eine andere Vorgehensweise werde aber bis 1. Juli 2014 nicht beanstandet.


Gegen diese extrem kurze Frist protestierten Buchverlage und Buchhandlungen, da für sie eine Umsetzung der Neuregelung eines wesentlich längeren Vorlaufs bedürfe. In der Folge bescheinigte das Bundesfinanzministerium, dass es für vor dem 1. Januar 2016 ausgeführte Umsätze nicht beanstandet werde, wenn die Abgabe eines gedruckten Buches und eines E-Books zu einem Gesamtverkaufspreis als einheitliche Leistung angesehen werde, die insgesamt dem ermäßigten Steuersatz unterliege.


Eine Fristverlängerung für ebenfalls über den Buchhandel vertriebene Fachzeitschriften sowie für Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements wurde nicht gewährt. Stattdessen wies das Ministerium vor einigen Wochen in einem amtlichen Schreiben darauf hin, dass die Unternehmen bei Zeitungs- und Zeitschriftenbundles auch für die Zeit vor dem 1. Juli 2014 eine umsatzsteuerliche Aufteilung vorzunehmen hätten. Diese Ansage bedeutet im schlechtesten Fall, das alle betroffenen Verlage und Buchhandlungen bis zu 50 Prozent des Abopreises von Zeitungen und Zeitschriften nachträglich für alle noch in der Betriebsprüfung "offenen Jahre" mit 19 Prozent nachversteuern müssen.